Mutmasslicher Mörder von Adeline hat Tötungsfantasien umgesetzt

Der mutmassliche Mörder der Genfer Sozialtherapeutin Adeline M. hat beim Tötungsdelikt Fantasien umgesetzt, die er seit langem hegte. Das sagten die psychiatrischen Gutachter am zweiten Prozesstag.

Der Angeklagte hatte bereits während Monaten vor der Bluttat Phantasien, eine Frau zu töten, wie am Dienstag die psychiatrischen Gutachter ausführten. (Bild: sda)

Der mutmassliche Mörder der Genfer Sozialtherapeutin Adeline M. hat beim Tötungsdelikt Fantasien umgesetzt, die er seit langem hegte. Das sagten die psychiatrischen Gutachter am zweiten Prozesstag.

Die beiden Experten zeichneten in ihrem gemeinsam verfassten Gutachten kein gutes Bild des Angeklagten. Sie schätzten die Gefahr einer erneuten Vergewaltigung oder eines erneuten Tötungsdelikts als sehr hoch ein.

Der Bluttat gingen während Monaten gehegte Fantasien voraus. Fabrice A. habe bereits im Gefängnis Vergnügen an der Vorstellung empfunden, wie er der Sozialtherapeutin die Kehle durchschneiden würde, sagte am Dienstag die Genfer Psychiaterin Alexandra Rageth.

Aus diesen Fantasien heraus begann er im Gefängnis bestimmte Gewaltszenen aus Filmen immer wieder anzusehen. In dem er der bereits an einen Baum gefesselten Sozialtherapeutin die Kehle durchschnitt, setzte er diese Fantasien in die Realität um.

Eine wichtige Rolle in der Umsetzung spielte dabei das Messer, das er sich für die Reittherapie kaufen durfte. Es verkörpere die Fantasie, die bislang intellektuell gewesen sei, sagte der zweite Experte Eric Luke, der ebenfalls in Genf als Psychotherapeut tätig ist.

Er wusste während des Deliktes zwar was er tat, konnte sich selbst aber nicht mehr kontrollieren, da er zugleich von seinen Fantasien überwältigt wurde, sagte Luke.

Das würde sogar eine leicht Verminderung der Schuldfähigkeit bedeuten, die aber kaum berücksichtigt werden wird, da der Angeklagte die Tat lange geplant hat. Auch ist er unfähig, Reue zu zeigen.

Keine Reue

Vielmehr spielte er den Gutachtern die Tat lebhaft und gestenreich mehrmals nach – unnötigerweise, wie Expertin Rageth unterstrich. Er habe sich nicht geschämt für seine Fantasien, betonte die Experten.

Sie führten das auf den sadistischen Charakter von Fabrice A. zurück. Sein Sadismus habe sich seit der ersten Vergewaltigung 1999 und auch nach der zweiten 2001 wie in einem Crescendo verstärkt.

Er habe bereits die Erfahrung einer Vergewaltigung gemacht, diesmal musste es etwas stärkeres sein, wie Luke sagte. Der Täter habe klar Lust empfunden während der Bluttat. Es handle sich deshalb klar um eine Sexualstraftat.

Trotz der langen Befragungen konnten die beiden Gutachter nicht alle Aspekte des Tötungsdeliktes erklären. Ein Sexualtäter handle zumeist aus dem Motiv des Hasses. Fabrice A. habe seine Ex-Freundin, die er durch die Flucht in Polen ausfindig machen wollte, klar gehasst.

Auch gegenüber ihr hegte er Tötungsfantasien. Der Hass gegenüber Frauen zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben des Angeklagten, der bereits zu seiner Mutter ein sehr schlechtes Verhältnis hatte. Gegenüber Adeline fehlt dieses Element total.

Aktuell keine Behandlung möglich

Keine eindeutigen Aussagen machten die psychiatrischen Gutachter bezüglich der Frage einer Verwahrung, die unausgesprochen über dem zweiten Prozesstag schwebte. Es gebe derzeit keine Behandlung, die das Risiko einer Wiederholungstat deutlich senken könne.

Es gebe Forschung zu diesem Gebiet, allerdings handle es sich dabei um reine Theorie, sagte Alexandra Rageth auf Nachfrage der Gerichtspräsidentin. Man könne heute aber auch nicht sagen, dass es keine Hoffnung gebe, dass eine Behandlungsmethode entwickelt werde.

Das Gutachten der beiden Schweizer Experten wird am Mittwoch von einem Gutachten von zwei französischen Psychiatern ergänzt. Dieses Vorgehen des Genfer Generalstaatsanwalts Olivier Jornot ist neu.

In anderen Prozessen, in denen die lebenslängliche Verwahrung gefordert wurde, wie im Tötungsdelikt Lucie im Aargau oder dem Mord an Marie in der Waadt verfassten die Experten die Gutachten jeweils alleine.

Bluttat auf Freigang

Der schweizerisch-französische Doppelbürger muss sich seit Montag für das Tötungsdelikt vor Gericht verantworten. Er bestreitet nicht, der 34-jährigen Sozialtherapeutin bei einem Freigang am 12. September die Kehle durchgeschnitten zu haben.

Im Gegensatz zu den psychiatrischen Gutachtern verneinte er jedoch, die Tat geplant zu haben. Er sprach zum Prozessauftakt von einer «Flucht, die aus dem Ruder lief». In den zwei Prozesswochen muss er sich wegen Mordes, Freiheitsberaubung, sexueller Nötigung und Diebstahls verantworten.

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