Im Axtmord-Prozess von Bellinzona ist am Freitag eine 49-jährige Serbin vom Vorwurf der Anstiftung zu Mord freigesprochen worden. Nach Überzeugung des Geschworenengerichts Bellinzona ist sie nicht für den brutalen Tod ihres Tessiner Ehemannes im Juli 2011 verantwortlich.
Die Anklage hatte für sie eine lebenslängliche Freiheitsstrafe gefordert. Ausserdem sollte sie eine Entschädigung zahlen. Sie wurde beschuldigt, ihren minderjährigen Sohn mit der Tat beauftragt zu haben. Der damals 16-Jährige erschlug am 1. Juli 2011 seinen Stiefvater mit einer Axt in der gemeinsamen Wohnung in Bellinzona.
Entlassung aus Haft
Freigesprochen vom wichtigsten Anklagepunkt wurde auch ein portugiesischer Marktverkäufer, der dem Minderjährigen die Tatwaffe verkauft hatte. Er sollte gemäss Anklage wegen Mittäterschaft bei Mord ebenfalls lebenslänglich hinter Gitter. Das Gericht sah das anders.
Dem 46-jährigen Händler könne nicht unterstellt werden, mit der Ausgabe der Axt den Tod des Tessiners bezweckt zu haben. Sowohl für ihn als auch für die Mutter des mutmasslichen Täters forderte der Richter die sofortige Entlassung aus der U-Haft. Beide Angeklagten waren im vergangenen Sommer festgenommen worden.
Ein dritter Beschuldigter, ein 29-jähriger Kosovare, wurde wegen Begünstigung zu einer bedingten Haftstrafe von 12 Monaten verurteilt. Er hatte dem minderjährigen Serben im Juli 2011 in einem ersten Moment versprochen, beim Wegschaffen der Leiche zu helfen. Er rief dann aber die Polizei.
Extraverfahren für Teenager
Das Geschworenengericht in Bellinzona bezeichnete am Freitag den serbischen Teenager als Haupttäter bei dem Tötungsdelikt. Der Fall des heute 17-Jährigen liege aber noch in den Händen der Jugendstaatsanwaltschaft und werde zu einem späteren Zeitpunkt entschieden.
Das Gericht schloss aus, dass der Jugendliche in Absprache mit der Mutter handelte. Es fehlten Beweise und ein Motiv der Mutter. Stattdessen habe sich aus den Verhörprotokollen herauslesen lassen, dass es nach der Hochzeit der Mutter im Oktober 2010 schnell zum Konflikt zwischen Sohn und Stiefvater kam.
Mehrmals habe der junge Serbe gegenüber Freunden im Frühjahr 2011 geäussert, den Stiefvater töten zu wollen. Belastet wurde die Mutter vor allem durch Aussagen ihres Sohnes und einen Freund der Familie. Das Gericht erachtete beide Personen für nicht glaubwürdig.
Alibi überzeugt
Das Gericht entkräftete auch den Vorwurf gegenüber der Mutter, sich aus Alibi-Gründen zur Tatzeit nach Serbien abgesetzt zu haben. Die Erklärung der Serbin, dort das Visum für den Sohn verlängert zu haben, sei nachvollziehbar, sagte Richter Claudio Zali am Freitag.
Der portugiesische Händler stand unter Verdacht, nicht nur die Axt verkauft zu haben, sondern sich zur Tatzeit in der Wohnung von Täter und Opfer aufgehalten zu haben. Dafür gibt es gemäss Gericht jedoch keine Beweise.