Nach Antragsflut soll im NSU-Prozess nun die Vernehmung beginnen

Die Antragsflut der ersten vier Prozesstage ist vorbei: Bei der nächsten Sitzung des NSU-Verfahrens in fast drei Wochen sollen die Angeklagten vernommen werden. Das kündigte der Vorsitzende Richter des Münchner Oberlandesgerichts, Manfred Götzl, am Donnerstag an.

Vernehmung beginnt: NSU-Ausschussvorsitzender Sebastian Edathy (Bild: sda)

Die Antragsflut der ersten vier Prozesstage ist vorbei: Bei der nächsten Sitzung des NSU-Verfahrens in fast drei Wochen sollen die Angeklagten vernommen werden. Das kündigte der Vorsitzende Richter des Münchner Oberlandesgerichts, Manfred Götzl, am Donnerstag an.

Vor dem Oberlandgericht (OLG) müssen sich die mutmassliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe und vier mutmassliche Helfer des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) verantworten.

Der NSU, zu dem die verstorbenen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos zählten, soll für zehn Morde, zwei Bombenanschläge und fünfzehn Banküberfälle verantwortlich sein.

Nachdem die Verteidiger Zschäpes und des Mitangeklagten Ralf Wohlleben eine Vielzahl von Anträgen unter anderem gegen das Gericht, die Bundesanwaltschaft und zu Verfahrensfragen gestellt hatten, äusserte Götzl am Donnerstag die Absicht, nun mit den Anträgen zu einem Ende zu kommen und mit der Beweisaufnahme zu beginnen. Die Verteidiger kündigten daraufhin fürs erst keine weiteren Anträge an.

Zschäpe schweigt

Bei einer Abfrage Götzls zur Aussagebereitschaft kündigten Zschäpes Verteidiger an, dass diese weder zu ihrem persönlichen Werdegang, noch zu den Tatvorwürfen aussagen wolle. Auch der mitangeklagte André E. will nicht aussagen.

Der neben Zschäpe als einziger Angeklagter noch in Untersuchungshaft sitzende ehemalige NPD-Funktionär Wohlleben will zwar auch nicht persönlich aussagen. Seine Verteidiger kündigten aber an, für ihren Mandanten eine Erklärung abgeben zu wollen.

Zwei Angeklagte sagen aus

Die beiden mutmasslichen NSU-Helfer kündigten an, aussagen zu wollen. Sie hatten bereits gegenüber der Polizei umfassende Angaben gemacht.

Die Verhandlung ist planmässig bis zum 4. Juni unterbrochen, da in Bayern nun zweiwöchige Pfingstferien beginnen. Auch am Donnerstag beriet das Gericht eine Reihe von Anträgen. Unter anderem lehnte das Gericht ab, den gesamten Prozess aufzeichnen zu lassen und Akten des Bundestags-Untersuchungsausschusses zum NSU anzufordern.

Durchsetzen konnten die Verteidiger dagegen die auch von mehreren Nebenklägern geforderte Einsicht in eine Liste mit 129 Namen aus dem Umfeld des NSU. Über diese Liste verfügt bisher nur der NSU-Ausschuss des Bundestages. Bundesanwalt Herbert Diemer kündigte an, die Liste für den Prozess zu übersenden.

Keine Abtrennung von Kölner Anschlag

Anklägerin Anette Greger betonte am Rande des Prozesses aber, dass es sich hierbei nicht um 129 Tatverdächtige handle. «Es ist mitnichten so, dass es 129 Unterstützer geben würde», sagte Greger. Es gebe insgesamt neun weitere Ermittlungsverfahren gegen namentlich Beschuldigte.

Das OLG entschied ausserdem, den dem NSU zugerechneten Nagelbombenanschlag in Köln von 2004 nicht abzutrennen. «Der Senat beabsichtigt derzeit nicht, eine Abtrennung des Komplexes Keupstrasse vorzunehmen», sagte Götzl.

Die 2011 gestorbenen mutmasslichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos sollen 2004 in der von vielen türkischstämmigen Migranten bewohnten Keupstrasse eine Nagelbombe gezündet haben. Dabei gab es mindestens 22 Verletzte. Eine Abtrennung des Verfahrens wurde diskutiert, weil womöglich wegen des Anschlags neue Nebenkläger auftreten könnten.

Schwere Vorwürfe

Der NSU-Ausschuss in Berlin rügte am Donnerstag bei seiner letzten öffentlichen Sitzung Polizei und Nachrichtendienste. Sie hätten vorurteilsbeladen und mit Scheuklappen ermittelt, sagte der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy. «Das war eines Rechtsstaates unwürdig», sagte er.

Die Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern hätten sich nicht ausreichend ausgetauscht und die Gefahr durch den Rechtsextremismus massiv unterschätzt. Der Ausschuss wird nun am Abschlussbericht arbeiten, über den der Bundestag am 3. September beraten soll.

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