Die befürchtete Nachdemo zum 1. Mai in Zürich ist ausgeblieben. Es gab lediglich einzelne Scharmützel im Stadtkreis 4. Die Polizei war mit einem Grossaufgebot vor Ort und griff sofort ein. 50 Personen wurden verhaftet und etliche weggewiesen.
Während mehrere hundert Personen auf dem Zeughausareal den Tag der Arbeit mit einem friedlichen Fest feierten, bezog die Polizei im Verlauf des Nachmittags in der Nähe Stellung mit einem Grossaufgebot. Am Helvetiaplatz und an der Langstrasse riegelte sie sämtliche Querstrassen ab und brachte Wasserwerfer in Stellung.$
Polizeivorsteher Daniel Leupi (Grüne) zeigte sich über den friedlichen Verlauf sehr erfreut. Die Polizeistrategie sei aufgegangen, schrieb er in einer weiteren Mitteilung. Sorge bereitet hätten die vielen, oft sehr jungen Krawalltouristen, deren einziges Ziel es offenbar sei, sich mit der Polizei anzulegen oder dabei zuzusehen.
Ballons statt Pflastersteine
Für Aufsehen sorgten Anwohner der Langstrasse: Sie warfen tausende bunte Luftballons auf die Strasse, wo sie von Passanten zum Platzen gebracht wurden. Die Knallgeräusche lockten schnell zahlreiche Schaulustige an.
Kurzzeitig setzte die Polizei einen Wasserwerfer ein, nachdem sich am Helvetiaplatz eine Handvoll junger Leute unmittelbar vor das Fahrzeug gesetzt hatte.
Gegen 18 Uhr entspannte sich die Situation und die Polizei zog sich zurück. Auch am späten Abend noch schirmten die Einsatzkräfte das Zeughausareal ab, „um zu verhindern, dass Chaoten ins Festgelände gelangen und das friedliche Volksfest stören können“, wie die Polizei mitteilte.
Friedlicher offizieller Teil
Der Tag der Arbeit hatte die Menschen in Zürich massenweise auf die Strasse gelockt. Rund 12’000 Personen nahmen am Umzug durch die Innenstadt und an der Kundgebung teil. Der von Gewerkschaften und dem 1.-Mai-Komitee organisierte Anlass verlief ohne Zwischenfälle.
Der St. Galler SP-Ständerat Paul Rechsteiner rief an der Kundgebung auf dem Bürkliplatz zu einer Neuorientierung der Linken auf. Nach 15 Jahren Neoliberalismus und Fehlentwicklungen sei es an der Zeit, das Ruder herumzureissen.
Es brauche eine Lohnpolitik der Vernunft, klare Massnahmen gegen Lohndumping, anständige Mindestlöhne sowie mehr Wertschätzung der Arbeit und Respekt vor den arbeitenden Menschen. „Wer voll arbeitet, muss von seinem Lohn leben können“, forderte der Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes.
Mit viel Sprachwitz nahm der Berner Schriftsteller Pedro Lenz die heutige Konsumgesellschaft aufs Korn. Er sprach die Teilnehmenden der Kundgebung mit „Genossinnen und Genossen“ an, obwohl der Begriff aus der Mode gekommen sei. Aus Genossen seien Konsumenten geworden und aus der Eidgenossenschaft eine Eidkonsumentenschaft.