Zwei Todesopfer, verwüstete Dörfer und Milliardenschäden: im August 2005 wurde der Kanton Bern von einem Hochwasser heimgesucht. Seither hat die öffentliche Hand rund 650 Mio. Franken in den Hochwasserschutz investiert.
Doch der politische Wille droht zu erlahmen. Das jedenfalls befürchtet die bernische Bau-, Verkehrs- und Energiedirektorin Barbara Egger (SP). Sie stelle bei Hochwasserschutzprojekten vermehrt Interessenskonflikte fest, gerade wenn es um das Thema Kulturlandschutz gehe.
Nicht selten geht es bei Hochwasserschutzprojekten darum, einem Gewässer mehr Raum zu geben, etwa um den Geschiebehaushalt ins Lot zu bringen, die Sohlen der Bach- und Flussbette zu stabilisieren oder einfach nur, um die Wassermassen im Notfall ableiten zu können.
Für Egger ist klar, dass die Anstrengungen beim Hochwasserschutz nicht nachlassen dürfen. Durch die Klimaveränderung werde das Wetter mehr und grösseren Schwankungen unterworfen sein. «Wir müssen deshalb leider mit noch höheren Risiken bei Naturereignissen rechnen», gab Egger zu bedenken.
Tragödie am Glyssibach
Dass die Natur stärker ist als der Mensch, bewies das Hochwasser von 2005 eindrücklich. Weite Landstriche entlang von Flüssen und Seen versanken nach sintflutartigen Regenfällen im Wasser. Erdrutsche, Schlammlawinen bedrohten Häuser und Siedlungen. In Schwellen und Schleusen verkeilte sich Schwemmholz.
Im Diemtigtal raste der Chirelbach mitten durchs Dorf und zerstörte, was ihm in den Weg. In Brienz schlug der Glyssibach eine Schneise der Verwüstung – ebenfalls mitten durchs Dorf. Zwei Personen kamen ums Leben.
Ärmel hochgekrempelt
Bereits 1999 war der Kanton Bern von einem verheerenden Hochwasser heimgesucht worden – nach Jahrzehnten der Ruhe. Unter dem Eindruck des raschen, neuerlichen Hochwassers ging ein Ruck durch Politik und Bevölkerung. Kanton und Gemeinden zogen nun kräftig am selben Strick.
«Die Anstrengungen haben sich gelohnt», bilanzierten Vertreter von Gemeinde- und Kantonsbehörden am Montag vor den Medien in Bern. Die Bevölkerung im Kanton Bern sei heute besser geschützt.
Grössere Schutzprojekte wurden unter anderem in Brienz, im Diemtig- und im Haslital umgesetzt. In Thun und Lyss entstanden Hochwasserentlastungsstollen.
Insgesamt wurden bisher rund 50 Projekte umgesetzt. Nach wie vor sind aber auch grössere Vorhaben blockiert, etwa das Projekt «Aarewasser», in dem 25 Massnahmen entlang der Aare zwischen Thun und Bern zusammengefasst sind.
Alarmierung und Seeregulierung verbessert
Nicht nur bauliche Massnahmen sorgen heute für mehr Schutz, auch bei der Prävention, den Prognosen und den Hochwasserwarnungen wurden Fortschritte erzielt. Auch die Regulierung der Seen wurde professionalisiert. Etwas, das sich gerade bei den jüngsten Hochwassern in diesem Frühsommer bewährt habe, führte Egger aus.
Schweizweit verursachte das Hochwasser 2005 Schäden von rund drei Milliarden Franken. Besonders stark betroffen war der Kanton Bern, wo an Land und Infrastrukturen Schäden in der Höhe von rund 1,2 Mrd. Franken entstanden.