Der Bauer aus dem bernischen Schwarzenburgerland, der vor gut zwei Jahren einen mutmasslichen Hanfdieb erschoss, ist am Montag in Bern vor Gericht gestanden. Die zuständige Staatsanwältin fordert eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten.
Der tragische Vorfall ereignete sich in der Nacht auf den 21. Dezember 2010. Drei Männer versuchten auf dem abgelegenen Hof Hanf zu stehlen, doch sie wurden vom Besitzer überrascht.
Mitten in der Nacht hatte das Handy des Bauern, das mit einem Überwachungssystem verbunden war, Alarm geschlagen. Der heute 50-Jährige stand auf und griff zum Gewehr. Als er ins Freie gelangen wollte, bemerkte er aber, dass jemand von aussen die Tür versperrt hatte.
Er ging in die Küche, öffnete ein Fenster und gab einen Warnschuss in Richtung Wald ab. Daraufhin hätten die Eindringlinge faustgrosse Steine nach ihm geworfen, sagte der Bauer vor Gericht. Plötzlich habe er gesehen, wie in der Dunkelheit eine Person wegrannte. Dann habe er nochmals abgedrückt, sagte der Landwirt. Er sei in einer Paniksituation gewesen.
Tödliche Verletzung
Die Untersuchungen ergaben, dass der Bauer aus einer Distanz von rund 25 Metern einen gezielten Schuss auf einen der flüchtenden Eindringlinge abgegeben hatte. Der 32-jährige Mann wurde beim rechten Schulterblatt getroffen und erlitt eine tödliche Verletzung.
Die Staatsanwältin geht davon aus, dass der Bauer, ein erfahrener Schütze, mindestens auf Kniehöhe des Opfers gezielt habe. Sie behandelte vor Gericht aber auch die Frage nach dem Gemütszustand.
Der Bauer hatte wegen seines legalen Hanffelds regelmässig Diebstahl- und Einbruchsversuche zu verkraften. Doch diesmal, wie der Landwirt zu Protokoll gab, waren ihm Eindringlinge so nah wie noch nie gekommen. Wenige Monate vor diesem Vorfall war ausserdem die Tochter des Bauern angegriffen worden.
Aufgrund dieser insgesamt ausserordentlichen Situation sei der Grundsatz der heftigen Gemütsbewegung anwendbar, sagte die Staatsanwältin. Sie beantragte, den Mann wegen Totschlags für schuldig zu erklären und forderte eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten.
Dabei fielen vereinzelte Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, die nichts mit dem damals legalen Hanf auf dem Feld zu tun hatten, nur wenig ins Gewicht.
Der Verteidiger des Bauern, der heute keinen Hanf mehr anbaut, betonte, dass die regelmässigen Einbrüche, der wirtschaftliche Druck, der Stress und die Angst zu viel für die Psyche seines Mandanten gewesen seien. Er halte deshalb beide Straftatbestände, Totschlag oder fahrlässige Tötung, für vertretbar.
Witwe befragt
Noch vor dem Bauern war die Witwe des Opfers befragt worden. Die junge Frau sagte, der Tod ihres Mannes sei ein Schock für sie gewesen. Von dem geplanten Hanfdiebstahl habe sie nichts gewusst.
Die zwei Komplizen ihres Mannes habe sie nicht gekannt. Einen habe sie zum ersten Mal gesehen, als es darum ging, ihren verstorbenen Gatten in den Kosovo zu transportieren, der dort schliesslich beerdigt wurde.
In seinem Schlusswort sagte der Bauer, der Vorfall tue ihm leid, da sei ein dummer Unfall passiert. Das Urteil wird für den (morgigen) Dienstag erwartet.