Nach tagelangen Unruhen sind die Ägypter am Mittwoch in ruhiger Atmosphäre zur Wahl gegangen. Erstmals seit vergangenem Freitag gab es keine Ausschreitungen auf dem Tahrir-Platz in Kairo. Die Fortsetzung der zweiten Wahlrunde fand mehrheitlich in ländlichen Gebieten statt.
Die Grossstädte Suez, Assuan und Gizeh waren aber auch zur Wahl aufgerufen. Die Beteiligung war Medienberichten zufolge deutlich geringer als zuvor. Die Wahllokale blieben bis Donnerstagabend geöffnet. Die erste Parlamentswahl in Ägypten seit dem Sturz von Präsident Husni Mubarak im Februar findet in mehreren Phasen in jeweils einem Teil des Landes statt.
Zur Stichwahl aufgerufen sind diesmal 18,7 Millionen Ägypter in neun Provinzen. Sie können ihre Stimme den Kandidaten von Parteilisten sowie Direktkandidaten geben. Die Stichwahl ist notwendig, weil im ersten Wahlgang nahezu kein Kandidat mehr als die Hälfte der Stimmen erhalten hatte.
Nach bisherigen Zwischenergebnissen aus der ersten und zweiten Wahlrunde liegen die gemässigten Muslimbrüder und die radikalislamischen Salafisten mit ihrer Partei Al-Nur in Führung. Sie könnten künftig das Parlament mit seinen 498 Abgeordneten dominieren.
Salafisten für Frieden mit Israel
Die fundamentalistischen Salafisten versicherten am Mittwoch, den Friedensvertrag mit Israel aus dem Jahr 1979 anerkennen zu wollen. Von früheren Regierungen geschlossene Verträge seien einzuhalten, sagte ein Al-Nur-Sprecher im israelischen Militärradio.
„Wenn es Klauseln gibt, die das ägyptische Volk in solchen Verträgen ändern will, muss dies am Verhandlungstisch geschehen“, fügte er hinzu. In dem Vertrag hatte Ägypten als erstes arabisches Land Israel als Staat anerkannt.
Die ägyptische Parlamentswahl soll nach einer dritten Runde in weiteren Provinzen am 11. Januar enden. Dann soll eine neue Verfassung geschrieben werden. Bis März sollen dann die Mandate für das Oberhaus vergeben werden. Und Ende Juni 2012 sollen die Ägypter ihren Präsidenten wählen.
Angriffe auf Frauen
Am Dienstag hatten Sicherheitskräfte Demonstranten angegriffen. Auch Frauen wurden bei Protesten in den vergangenen Tagen wiederholt geschlagen.
Nach Kritik von US-Aussenmininisterin Hillary Clinton und Protesten tausender Frauen entschuldigte sich der Militärrat offiziell für das gewaltsame Vorgehen von Soldaten und kündigte ein hartes juristisches Vorgehen gegen die Verantwortlichen an.
Fotos von Soldaten, die auf eine verschleierte Demonstrantin einprügelten und diese teilweise entkleideten, hatten für Empörung gesorgt. Bei Kämpfen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften waren in Kairo in den vergangenen Tagen 14 Menschen getötet und hunderte verletzt worden.