Im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal bei der BBC haben sich bei der britischen Rundfunkgesellschaft zwei weitere leitende Mitarbeiter zurückgezogen. Nachrichtenchefin Helen Boaden und ihr Vize Stephen Mitchell lassen ihre Ämter ruhen, wie die BBC am Montag mitteilte.
Hintergrund ist unter anderem die Affäre um einen zurückgezogenen Bericht der Sendung „Newsnight“ über die Missbrauchsvorwürfe gegen den Moderator Jimmy Savile. Boaden und Mitchell wollten ihre Ämter ruhen lassen, bis das Ergebnis einer Untersuchung unter der Leitung des früheren Sky-News-Chefs Nick Pollard vorliege, erklärte die BBC.
Pollard soll prüfen, warum sich die BBC-Vorzeigesendung „Newsnight“ Ende 2011 gegen die Ausstrahlung eines Berichts entschieden hatte, in dem mutmassliche Opfer berichteten, sie seien von Savile sexuell missbraucht worden. Der Moderator war im Oktober 2011 im Alter von 84 Jahren gestorben.
Am Samstagabend hatte bereits BBC-Chef George Entwistle nach nur 54 Tagen im Amt seinen Hut genommen. Anlass war die Ausstrahlung eines „Newsnight“-Berichts, der Vorwürfe des Kindesmissbrauchs gegen den konservativen Politiker Alistair McAlpine zur Folge hatte.
„Newsnight“ hatte vergangene Woche über Steve M. berichtet, der in den 70er Jahren in einem Kinderheim in Wales missbraucht worden war. Obwohl der Täter in der Sendung nicht namentlich genannt wurde, kursierte kurz darauf im Internet das Gerücht, es handle sich um McAlpine.
Der frühere Schatzmeister der Konservativen bestritt am Freitag die Vorwürfe. Steve M. selbst teilte mit, dass nicht McAlpine der Täter gewesen sei. Am Freitag räumte die BBC einen Fehler ein und entschuldigte sich bei McAlpine.
„Helen Boaden hat entschieden, dass sie nicht mehr in der Lage ist, ihre Verantwortung wahrzunehmen, solange nicht das Ergebnis des Pollard-Berichts vorliegt“, erklärte die BBC am Montag. Sie werde während ihrer Abwesenheit ersetzt, ebenso ihr Stellvertreter.
Die Rundfunkgesellschaft schloss nicht aus, dass es weitere personelle Konsequenzen geben könnte. Es werde nun geprüft, in welchem Ausmass Einzelne Rechenschaft für ihr Handeln ablegen müssten, erklärte die BBC. „Wenn es angemessen ist, wird es disziplinarische Massnahmen geben.“