Die Frage, ob Mediziner mit mehrjähriger Weiterbildung in der Schweiz vom Ärztestopp ausgenommen sein sollen, spaltet das Parlament. Der Nationalrat beharrt auf einer Ausnahme. Der Bundesrat sieht dadurch die Personenfreizügigkeit verletzt. Mit zwei Differenzen geht die Vorlage zurück in den Ständerat.
Die Kommission des Ständerats hatte zur Frage der Personenfreizügigkeit zwei Völkerrechtsexperten eingeladen – diese kamen jedoch nicht zum gleichen Schluss. Die kleine Kammer entschied dann, dass Ärzte, die sich während einiger Jahre in der Schweiz weitergebildet haben, nicht vom Zulassungsstopp für Spezialärzte ausgenommen werden sollen.
Der Nationalrat beharrte jedoch am Donnerstag auf der Ausnahme, die er vorgeschlagen hatte. Für Maja Ingold (EVP/ZH) geht es darum, dem Nachwuchs mit Schweizer Spitalerfahrung «nicht die Türen in die Praxis zu verschliessen».
Wegen eines möglichen Konflikts mit der Personenfreizügigkeit kam der Nationalrat Bundesrat und Ständerat etwas entgegen und schlug neu eine Weiterbildung von mindestens drei statt fünf Jahren vor. Drei Jahre gelten auch für Anwälte.
Trotzdem stellte sich Gesundheitsminister Alain Berset dagegen. «Dieser Antrag ist nicht vereinbar mit der Personenfreizügigkeit und anderen internationalen Vereinbarungen», sagte er. Der Bundesrat wollte an seiner Version festhalten und pochte deshalb auf eine Abstimmung. Sie fiel mit 102 zu 77 bei einer Enthaltung deutlich aus.
Patienten sollen mitreden
Eine zweite Differenz hat der Nationalrat neu geschaffen – ebenfalls deutlich mit 104 zu 77 Stimmen bei einer Enthaltung. Künftig sollen für die Abklärung der Notwendigkeit eines Ärztestopps auch die Patienten angehört werden. Toni Bortoluzzi (SVP/ZH) warnte vor einer «unnötigen Verkomplizierung» der Abläufe. Jacqueline Fehr (SP/ZH) hielt entgegen, im Kern gehe es im Gesundheitswesen immer um die Patientinnen und Patienten.
Wieder gekippt hat die grosse Kammer einen Passus des Ständerats, der wollte, dass der Bundesrat die Kriterien für einen Stopp im Einvernehmen mit den Kantonen festlegt. Der Nationalrat will, dass die Kantone lediglich angehört werden.
Die Vorlage soll bereits am 1. Juli in Kraft treten. Mit einer Neuauflage des Zulassungsstopps sollen die Flut neuer Praxisbewilligungen in einzelnen Regionen gebremst und die Kosten eingedämmt werden. Betroffen sind vor allem die grenznahen Kantone Genf und Tessin sowie Zürich.