Eine Uhr ist eine Schweizer Uhr, wenn 60 Prozent der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen. Ein Steak ist ein Schweizer Steak, wenn das Rind mehr als sein halbes Leben in der Schweiz verbracht hat.
Über diese Fragen hat das Parlament lange gefeilscht, am Dienstag bereinigte der Nationalrat die Swissness-Vorlage. Über das Ziel herrschte von Anfang an Einigkeit: Die Marke Schweiz ist gutes Geld wert. Daher muss sie vor Trittbrettfahrern geschützt werden, die aus Swissness unberechtigt Profit schlagen. Doch an der Frage, wie viel Schweiz genau drin sein muss, damit Schweiz drauf stehen darf, schieden sich die Geister.
Haltung statt Aufzucht
Am längsten gerungen wurde um tierische Produkte. Nun ist der Nationalrat bei dieser letzten Differenz stillschweigend auf die Linie des Ständerats eingelenkt: Produkte von Tieren sind dann «Swiss Made», wenn das Tier in der Schweiz gehalten wurde. Bisher wollte der Nationalrat auf den Ort der Aufzucht abstellen.
Beim Fleisch waren sich die Räte bereits einig. Ausschlaggebend ist der Ort, an dem das Tier den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht hat. Bei Milch und Milchprodukten muss die Milch zu 100 Prozent aus der Schweiz stammen.
Zu reden gaben auch die Regeln für Lebensmittel nicht tierischer Herkunft: Diese sollen künftig nur dann als schweizerisch gelten, wenn mindestens 80 Prozent des Gewichts der Rohstoffe aus der Schweiz stammen. Für Rohstoffe, die es in der Schweiz nicht oder nicht in genügender Menge gibt, gelten Ausnahmen.
«Lex Hayek»
Von eminenter wirtschaftlichen Bedeutung ist die neue Vorschrift für industrielle Produkte. Mit dem Schweizer Kreuz darf nur geworben werden, wenn mindestens 60 Prozent der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen.
Diese Regel gab vor allem in der Uhrenindustrie zu reden. Unter anderen machte sich Swatch für die 60-Prozent-Regel stark, weshalb die Gegner von einer «Lex Hayek» sprechen. Andere Uhrenhersteller und bis letzte Woche auch der Ständerat setzten sich für die 50-Prozent-Regel ein.
Die tiefere Hürde entspräche nominell zwar der heutigen Praxis. Weil neu aber mehr Kosten angerechnet werden können, würde es sich faktisch um eine Lockerung handeln.
Widerstand vom sgv
Nun muss die Swissness-Vorlage noch in der Schlussabstimmung bestehen. Dort ist sie absturzgefährdet: «Wir werden darauf hinwirken, dass das Gesetz in der Schlussabstimmung abgelehnt wird», sagte Rudolf Horber vom Schweizerischen Gewerbeverband (sgv) auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.
Der sgv stört sich vor allem an der 60-Prozent-Regel für industrielle und gewerbliche Produkte. Diese wurde unter anderem damit begründet, dass neu Forschung und Entwicklung an die Herstellungskosten angerechnet werden können. «Bei KMU macht das weniger als ein Prozent aus», sagte Horber. Über ein allfälliges Referendum müsste die Gewerbekammer des sgv entscheiden.