Der Nationalrat bleibt bei seiner harten Haltung gegenüber Versandapotheken: Das Rezept für ein Arzneimittel soll schon vor der Bestellung vorliegen müssen. Damit stellt er das Geschäftsmodell der Versandapotheken in Frage.
Diese besorgen das nötige Rezept heute aufgrund eines Fragebogens im Nachhinein selber. Im Ständerat war in dem Zusammenhang vom «Heimatschutz für Apotheken» die Rede gewesen. Die grosse Kammer, die sich am Montag zum zweiten Mal mit der Vorlage befasste, hielt hingegen diskussionslos an der zusätzlichen Hürde für Versandapotheken fest.
Auch in anderen Punkten sind die beiden Kammern weit von einer Einigung entfernt: Nach dem Willen des Nationalrats sollen Pharmaunternehmen, die Arzneimittel gegen seltene Krankheiten erforschen und auf den Markt bringen, dafür mit einem befristeten Monopol belohnt werden. Die Mehrheit will damit einen Anreiz für die Forschung schaffen.
Monopol als Preistreiber
Es sei besser, ein einziges Medikament zu haben als gar keines, sagte Kommissionssprecher Thomas de Courten (SVP/BL). Ein Monopol werde die Entwicklung günstiger Medikamente für die gleiche Anwendung bremsen und die Preise in die Höhe treiben, warnte Marina Carobbio (SP/TI). Ihr Antrag, wie der Ständerat auf den in der Schweiz bereits bekannten und weniger exklusiven Unterlagenschutz zu setzen, wurde aber abgelehnt.
Und Arzneimittel, die vergleichbar sind mit Medikamenten, die seit mindestens zehn Jahren in einem EU-Land auf dem Markt sind, sollen vereinfacht zugelassen werden. Der Ständerat hatte dies abgelehnt. Der Nationalrat hielt auch daran fest, dass Ärzte ein Arzneimittelrezept ausstellen müssen, damit die Patienten selbst bestimmen können, wo sie ein Medikament beziehen.
Umstrittene Geschenke an Ärzte
Umstritten bleiben auch die Regeln zur Entgegennahme von geldwerten Vorteilen. Der Nationalrat hielt daran fest, dass geringfügige, sozial übliche Vorteile, Unterstützungsbeiträge für Forschung und Weiterbildung, insbesondere aber handelsübliche Abgeltungen bei Bestellungen und Lieferungen von Heilmitteln erlaubt bleiben sollen.
Das Verbot nicht gebührender Vorteile soll alle Heilmittel – neben Medikamenten sind das auch teure Medizinprodukte wie Prothesen oder Implantate – erfassen. Der Ständerat möchte nur ein Verbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel. Damit würden die Einflussmöglichkeiten auf die Leistungserbringer eingeschränkt, erklärte Bundesrat Alain Berset.
Rabatte beim Medikamenteneinkauf sollen aber weiterhin möglich sein, sofern sie keinen Einfluss auf die Wahl der Therapie haben. Die Rabatte müssen aber für die Verbesserung der Behandlungsqualität eingesetzt werden oder mit den Kostenträgern nach einem vertraglich vereinbarten Schlüssel geteilt werden.
In einigen Punkten hat sich der Nationalrat dem Ständerat angeschlossen: So unterstützte er dessen Entscheide zur Antibiotikadatenbank diskussionslos. Bei der ersten Beratung hatte der Vorschlag zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen noch keine Mehrheit gefunden – weil die betroffenen Kreise nicht angehört worden waren.
Die Ständeratskommission hatte dies nachgeholt und die Meldepflicht für Tierhalter gestrichen. Ziel bleibt es, den Vertrieb und Verbrauch von Antibiotika zu dokumentieren und Resistenzen zu überwachen.
Keine Medikamente für Hinrichtungen
Mit 108 zu 78 Stimmen unterstützte der Nationalrat auch die vom Ständerat neu aufgenommene Bestimmung, die verhindern soll, dass Arzneimittel aus der Schweiz im Ausland für Hinrichtungen verwendet werden. SVP- und FDP-Vertreter stimmten dagegen, weil sie ein solches Verbot für reine Symbolpolitik halten. Zudem handle es sich um Wirkstoffe, die auch in der Humanmedizin benötigt würden.
Einen Teil der teils sehr technischen Vorlage haben die Räte schon in der ersten Beratungsrunde erledigen können. Spürbare Auswirkungen für die Patienten dürfte der Entscheid haben, dass künftig viele verschreibungspflichtige Medikamente ohne Rezept in der Apotheke gekauft werden können.
Der grösste Teil der Revision war von Anfang an unbestritten. Diese wurde vom Bundesrat aufgegleist, um auf neue Entwicklungen zu reagieren sowie Aufsicht und Zulassung von Medikamenten neu zu regeln. Ziel der Revision ist es, die Rahmenbedingungen für Forschung und Industrie zu verbessern und den Zugang der Bevölkerung zu qualitativ hochstehenden Medikamenten sicherzustellen. Die Vorlage geht nun wieder an den Ständerat.