Nationalrat heisst neues Ausländer- und Integrationsgesetz gut

Neue Regeln sollen dazu beitragen, dass sich Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz integrieren. Der Nationalrat hat am Mittwoch das Ausländer- und Integrationsgesetz angenommen. Künftig erhält nur noch eine Niederlassungsbewilligung, wer gut integriert ist.

Justizministerin Simonetta Sommaruga erklärt im Nationalrat, wie der Bundesrat die Integration von Ausländerinnen und Ausländern fördern will. (Bild: sda)

Neue Regeln sollen dazu beitragen, dass sich Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz integrieren. Der Nationalrat hat am Mittwoch das Ausländer- und Integrationsgesetz angenommen. Künftig erhält nur noch eine Niederlassungsbewilligung, wer gut integriert ist.

Der Ausgang war ungewiss. Die vorberatende Kommission hatte die Vorlage abgelehnt, weil am Ende sowohl die Rechte als auch die Linke unzufrieden waren. Im Plenum resultierte nun ein deutliches Ja: Mit 113 Stimmen zu 65 Stimmen bei 5 Enthaltungen hiess der Rat die Vorlage gut.

Dagegen stellte sich nur die SVP. SP und Grüne votierten dafür, weil der Nationalrat – anders als die Kommission – auf radikale Massnahmen beim Familiennachzug verzichtete.

Überarbeitete Version

Der Ständerat hatte den Gesetzesänderungen bereits 2013 zugestimmt. Nach dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative im Frühjahr 2014 beauftragte das Parlament den Bundesrat, die Vorlage zu überarbeiten. Kern bleibt indes die Integration, die nach dem Motto «Fordern und Fördern» mehr Bedeutung erhalten soll.

Als integriert gilt, wer die öffentliche Sicherheit und Ordnung beachtet, die Werte der Bundesverfassung respektiert, am Wirtschaftsleben teilnimmt oder sich ausbildet und die erforderlichen Sprachkompetenzen hat. Das soll im Gesetz verankert werden, das neu Ausländer- und Integrationsgesetz heisst.

C-Ausweis nur für Integrierte

Eine Niederlassungsbewilligung (C-Ausweis) soll nur noch erhalten, wer die Kriterien erfüllt. Der Bundesrat wollte dafür einen Rechtsanspruch auf den C-Ausweis einführen für Personen, die integriert sind und zehn Jahre in der Schweiz gelebt haben. Heute erhalten diese in der Regel einen C-Ausweis, haben aber keinen Anspruch darauf.

Einen Rechtsanspruch hat aber nach dem Ständerat auch der Nationalrat abgelehnt, mit 125 zu 65 Stimmen. Die Mehrheit befand, die Behörden müssten Spielraum haben, ein Automatismus sei nicht sinnvoll. SP, Grüne und Grünliberale argumentierten vergeblich, die Perspektive auf einen gesicherten Aufenthalt sei der beste Integrationstreiber. Zudem würde der Rechtsanspruch Willkür verhindern.

Integrationsvereinbarung

Die kantonalen Behörden sollen die Integration auch bei der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (B-Ausweis) berücksichtigen. Besteht ein besonderer Integrationsbedarf, können sie die Bewilligung mit dem Abschluss einer Integrationsvereinbarung verbinden.

Eine Verschärfung beschloss der Nationalrat beim Widerruf von C-Ausweisen. Bereits heute gibt es Gründe dafür. Dazu gehören der Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder der dauerhafte Bezug von Sozialhilfe – künftig auch dann, wenn eine Person bereits seit mehr als 15 Jahren einen C-Ausweis hat. Der Nationalrat möchte darüber hinaus, dass die Behörden C-Ausweise widerrufen können, wenn eine Person nicht bereit ist, sich zu integrieren.

Hürden für Arbeit senken

Die Integration von Flüchtlingen, vorläufig Aufgenommenen und Asylsuchenden soll auch über die Erwerbsarbeit gefördert werden. Deshalb wird die Sonderabgabe auf Löhnen abgeschafft. Heute müssen Betroffene zehn Prozent ihres Lohnes an den Bund abgeben, wenn sie erwerbstätig sind.

Für die Arbeitgeber wollen der Bundesrat und der Nationalrat ebenfalls Anreize setzen. Wer Flüchtlinge oder vorläufig Aufgenommene anstellt, soll kein aufwändiges Bewilligungsverfahren mehr durchlaufen müssen. Die Bewilligungspflicht soll durch eine Meldepflicht ersetzt werden.

Nein sagte der Nationalrat allerdings zum Vorschlag des Bundesrats, dass Arbeitgeber einen Beitrag zur Integration leisten sollten, indem sie ausländische Arbeitnehmer bei der Teilnahme an Förderangeboten unterstützen.

Familiennachzug erschweren

Besonders umstritten waren die Regeln zum Familiennachzug. Die vorberatende Kommission beantragte dem Rat eine radikale Massnahme: Vorläufig aufgenommene Personen sollten ihre Familie nicht mehr ins Land holen können. Dagegen stellten sich im Plenum neben der Linken auch die CVP sowie einige FDP-Vertreter. Der Nationalrat lehnte den Kommissionsantrag mit 104 zu 87 Stimmen bei 1 Enthaltung ab.

Vorläufig aufgenommene Personen behalten damit das Recht auf Familiennachzug. Auch Justizministerin Simonetta Sommaruga hatte vor einem Verbot gewarnt. Der Vorschlag der Kommission sei schwer nachvollziehbar, sagte sie. Er sei unmenschlich, denn Frauen und Kinder würden damit Schleppern ausgeliefert.

Nicht bei Ergänzungsleistungen

Vorläufig aufgenommen werden Personen, die zum Beispiel wegen eines Krieges nicht in ihr Herkunftsland zurückgeschickt werden können. Sie dürfen gemäss geltendem Recht frühestens nach drei Jahren Ehegatten und Kinder ins Land holen.

Voraussetzung ist, dass eine genügend grosse Wohnung vorhanden ist und die Familie nicht auf Sozialhilfe angewiesen ist. Dabei soll es bleiben. Künftig soll der Familiennachzug allerdings auch jenen verwehrt werden, die Ergänzungsleistungen beziehen. Dem Nationalrat lagen etliche weitere Vorschläge für Verschärfungen vor, etwa ein Verbot des Familiennachzugs für Kurzaufenthalter. Die Anträge blieben aber chancenlos.

Keine Staatsaufgabe

Die SVP stellte sich gegen das Gesetz, weil aus ihrer Sicht Integration keine Staatsaufgabe ist, wie Andreas Glarner (SVP/AG) erklärte. Er warnte vor einer teuren «Integrationsindustrie». Bezahlen müssten die Gemeinden.

Die Befürworter des Gesetzes widersprachen. Es sei viel mehr mangelnde Integration, die später koste, argumentierten sie. Die Probleme sollten gelöst und nicht bewirtschaftet werden, befand Matthias Jauslin (FDP/AG) am Ende der Beratungen. Balthasar Glättli (Grüne/ZH) sagte, die Grünen müssten mit diesen Beschlüssen einige Kröten schlucken. Die positiven Aspekte überwögen aber.

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