Nationalrat lehnt CVP-Initiative zur Steuerbefreiung von Kinderzulagen ab

Der Nationalrat hat eine CVP-Initiative zur Ablehnung empfohlen, die Kinder- und Ausbildungszulagen für steuerfrei erklären will. Die CVP stand mit ihrem Anliegen praktisch allein da.

Am 5. November 2012 reichte die CVP ihre Initiative ein. (Archiv) (Bild: sda)

Der Nationalrat hat eine CVP-Initiative zur Ablehnung empfohlen, die Kinder- und Ausbildungszulagen für steuerfrei erklären will. Die CVP stand mit ihrem Anliegen praktisch allein da.

Nach einer langen Debatte hat sich der Nationalrat am Mittwoch mit 131 zu 39 Stimmen gegen Initiative der CVP ausgesprochen, die Kinder- und Ausbildungszulagen für steuerfrei erklären will.

Die Initiative hatte die CVP im November 2012 zusammen mit der Initiative gegen die Heiratsstrafe eingereicht. Für die Partei hat das derzeitige System eine «ungerechtfertigte Erhöhung des steuerbaren Einkommens» zur Folge. Sie will die Bundesverfassung deshalb mit einem kurzen Satz ergänzen: «Kinder- und Ausbildungszulagen sind steuerfrei.»

Gegner sogar in eigenen Reihen

Mit diesem Anliegen stand die Partei aber fast allein auf weiter Flur. Auch ein Gegenvorschlag kam für eine breite Widerstandsfront von links bis recht nicht in Frage. Sogar aus der eigenen CVP/EVP-Fraktion kam Widerstand, etwa von Maja Ingold (EVP/ZH).

Die CVP visiere weit am Ziel vorbei, wenn sie Mittelstandsfamilien so entlasten wolle, musste sie sich anhören. Ihre Initiative käme einzig privilegierten Familien zugute. Die Hälfte der Haushalte mit Kindern sei bereits heute von der direkten Bundessteuer befreit. Sie würden also auf Bundesebene leer ausgehen.

Die Massnahme würde gerade für die Einkommensschwächeren nur auf Gemeinde- und Kantonsebene wirksam. Und selbst dort hätten sie aufgrund ihrer niederen Steuern nur geringe Abzüge zugute. Ans Rednerpult stellten sich nicht weniger als 39 Einzelvotantinnen und -votanten.

Steuerausfälle von knapp einer Milliarde

Die Mehrheit der Opponenten von links bis rechts führte dabei die zu erwartenden Steuerausfälle ins Feld. Gemeinden und Kantonen würden jährlich rund 760 Millionen Steuerfranken entgehen und dem Bund noch einmal 200 Millionen. Auch lägen keine Vorschläge vor, wie die Mindereinnahmen zu kompensieren seien.

Angesichts der anstehenden Unternehmenssteuerreform III dürfe nicht weiter am Steuersubstrat geschraubt werden. Überhaupt brächte die Initiative einen Systemwechsel bei der Besteuerung. Kinder- und Ausbildungszulagen seien ein Lohnbestandteil und somit einkommenswirksam.

Heute geschehe die Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Weiche man von diesem Grundsatz ab, müssten gemäss der Logik der Initiative auch Renten oder Arbeitslosengeld steuerbefreit werden.

Zudem sei bereits heute von Entlastungen von neun Milliarden Franken für Familien mit Kindern pro Jahr auszugehen, etwa bei Krankenkassenprämienverbilligungen, abgestuften Krippentarifen, Sozial- und Ergänzungsleistungen. Und nicht zuletzt könne je nach Kanton ein Steuerabzug zwischen 5000 und 18’000 Franken pro Kind geltend gemacht werden.

Die Front der Initiativgegner bekannte sich indessen durchaus zur Familienförderung. Das Volksbegehren sei ein sympathischer Wahlkampfgag, räumte Daniel Stolz (FDP/BS) ein. Es brauche Instrumente, aber nicht solche, sagte Ingold.

CVP-Chef: Widersinnige Besteuerung

Die CVP wehrte sich vehement für ihre Initiative. Lucrezia Meier-Schatz (CVP/SG) erklärte, bei den meisten Familien seien die Eltern Doppelverdiener. Das treibe die Steuerprogression hoch, in einigen Fällen gerate die Familie durch die Zulagen zusätzlich in eine noch höhere Progressionsstufe.

Die Frau stecke bei der Arbeit zudem meist zurück, was sie im Erwerb einschränke. Das müsse auch ausgeglichen werden. Die Kinderzulagen seien nicht für den Empfänger zum persönlichen Gebrauch bestimmt.

CVP-Parteipräsident Christophe Darbellay (VS) sagte, es sei doch widersinnig, wenn die Arbeitgeber jedes Jahr rund fünf Milliarden Franken in die Kinder- und Ausbildungszulagen steckten und der Staat eine Milliarde gleich wieder abschöpfe.

Bundesrat soll Auslegeordnung erstellen

Ein kleines Trostpflaster gab der Nationalrat der mit fliegenden Fahnen unterlegenen CVP immerhin mit. Demnach soll der Bundesrat einmal eine Auslegeordnung erstellen und zeigen, wie er Familien mit Kindern finanziell unterstützen oder entlasten will. Der Rat überwies ein entsprechendes Postulat der Kommission. Die Vorlage geht an den Ständerat.

In der Schweiz gelten seit 2009 Mindestbeiträge bei den Familienzulagen. Die Kinderzulage beträgt heute mindestens 200 Franken im Monat, die Ausbildungszulage 250 Franken. In zahlreichen Kantonen liegen die tatsächlichen Beträge über den Mindestansätzen.

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