Der Nationalrat will beim Umbau der Energieversorgung die Industrie vor höheren Strompreisen verschonen. Er hat mit 95 zu 92 Stimmen bei 5 Enthaltungen eine Motion seiner Energiekommission angenommen, die Sonderregeln für die gesamte Industrie verlangt.
Der Nationalrat will für die Industrie den Zuschlag auf Strom begrenzen, mit welchem die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) zur Förderung von erneuerbaren Energien finanziert wird: Für industrielle Endverbraucher soll der KEV-Zuschlag höchstens 0,45 Rappen pro Kilowattstunde betragen. Über den Vorstoss muss noch der Ständerat entscheiden.
Im Nationalrat gaben die Gegnerinnen und Gegner vergeblich zu bedenken, Ausnahmen für die Industrie führten zu erheblich höheren Zuschlägen für die Haushalte und den Dienstleistungssektor. Ausserdem sei unklar, welche Unternehmen genau zu den Industrieunternehmen gezählt würden.
Hohe Einnahmenausfälle
Auch Energieministerin Doris Leuthard warnte vor dem Giesskannenprinzip. Sie bezifferte die damit verbundenen Einnahmenausfälle auf 100 Millionen Franken pro Jahr. Der Bundesrat möchte nur für stromintensive Unternehmen spezielle Regeln erlassen. Vorgesehen ist, dass 300 bis 600 Unternehmen teilweise vom KEV-Zuschlag befreit werden. Werde die Motion angenommen, würden zusätzlich rund 73’000 Industrieunternehmen entlastet, sagte Leuthard.
Nichts einzuwenden hatte die Energieministerin gegen eine Motion, die verlangt, dass kleine Fotovoltaikanlagen von der KEV ausgeschlossen und stattdessen mit Investitionshilfen gefördert werden. Dies schlägt auch der Bundesrat in seiner Energiestrategie 2050 vor. Der Nationalrat hiess die Motion stillschweigend gut.
Wasserkraft ausbauen
Angenommen hat der Nationalrat am Freitag ausserdem Vorstösse zur Wasserkraft. Er überwies mit 112 zu 65 Stimmen eine Motion aus dem Ständerat, die den Bundesrat beauftragt, das Ausbauziel für die Wasserkraft zu erhöhen und die Bewilligungsverfahren für Wasserkraftwerke zu vereinfachen. Die Befürworter möchten damit sicherstellen, dass die Wasserkraft auch in Zukunft eine tragende Rolle spielt.
Leuthard stellte sich nicht dagegen: Die Wasserkraft müsse unbedingt ausgebaut werden, der Bundesrat habe die Ziele in seiner Vernehmlassungsvorlage zur Energiestrategie konkretisiert. Es sei möglich und sinnvoll, das Potenzial der Wasserkraft im Gesetz zu verankern, sagte Leuthard. Der Nationalrat nahm in der Folge auch einen entsprechenden Punkt aus einer anderen Motion an, die der Ständerat gutgeheissen hatte.
Nein sagte er zu zwei weiteren Motionen aus dem Ständerat. Mit der einen wollte die kleine Kammer den Bundesrat beauftragen, importiertes Biogas von der CO2-Abgabe zu befreien. Mit der anderen verlangte sie, dass bei Gebäudeinvestitionen zur Nutzung erneuerbarer Energien oder zur Verbesserung der Energieeffizienz keine weiteren Gebühren erhoben werden können. Aus Sicht des Bundesrates wäre dies verfassungsrechtlich unzulässig.