Der Nationalrat lehnt es ab, den grösseren Bauernbetrieben als Verlierern der Agrarpolitik 2014-2017 weiter entgegen zu kommen. Er sprach sich am Donnerstag im Gegensatz zum Ständerat für die Bundesrats-Variante zu den Übergangsbeiträgen aus.
Die Neuausrichtung des Direktzahlungssystem in der Agrarpolitik 2014-2017 bedeutet vor allem für grosse Produktionsbetriebe Einbussen, weil mehr Geld für Gemeinschaftsleistungen wie Landschaftspflege reserviert sein wird.
Deswegen will der Bundesrat die Agrarreform mit Übergangsbeiträgen abfedern, welche die Reformverlierer während acht Jahren erhalten sollen.
Als Kompromiss für die Abschaffung der als ineffizient geltenden Tierbeiträge wollte der Ständerat die Abfederung zu Gunsten der Bauern verbessern, indem der Rückgang der Übergangsbeiträge pro Jahr begrenzt werden sollte. Dem schob der Nationalrat aber einen Riegel.
Er sprach sich für die ursprüngliche Variante des Bundesrates aus. Zur Debatte standen mehrere Alternativvorschläge, welche die Abfederung zum Teil noch deutlich ausgedehnt hätten. Damit würde die Reform blockiert, sagte Kathrin Bertschy (GLP/BE). Für die Bundesrats-Variante stimmte eine Mehrheit von FDP und Linken.
Reiche Bauern erhalten gleich viel
Hingegen hält der Nationalrat nichts davon, die Direktzahlungen für reiche Bauern zu reduzieren, wie es der Ständerat will. Damit würden jene Betriebe diskriminiert, die über eine Teilzeitanstellung zusätzliches Einkommen generieren, sagte Hansjörg Hassler (BDP/GR).
Vergeblich argumentierte Beat Jans (SP/BS), dass Dutzende Millionen Franken von unten nach oben verteilt würden, wenn vermögende und einkommensstarke Bauern hohe Subventionen erhielten. Das schade der Akzeptanz der Landwirtschaftspolitik.
Die grosse Kammer lehnte die Abstufung von Direktzahlungen nach Einkommen und Vermögen schliesslich mit 104 zu 75 Stimmen bei 1 Enthaltung ab. Allerdings ist der Nationalrat wie auch der Ständerat damit einverstanden, dass flächenmässig grosse Betriebe weniger Zahlungen erhalten sollen.
Bei Direktzahlungen für Bauland schloss sich der Nationalrat ebenfalls dem Ständerat an: Bauern sollen Zahlungen erhalten für Bauland, allerdings nur für Flächen, die nach Inkrafttreten der neuen Agrarpolitik eingezont wurde.
160 Millionen Franken zusätzlich
Im Sinne der Bauern beschloss der Nationalrat auch, dass die Subventionen für die Landwirtschaft insgesamt 13,83 Milliarden Franken für die Jahre 2014 bis 2017 betragen sollen. Die grosse Kammer hielt mit 87 zu 90 Stimmen und 4 Enthaltungen knapp an einer Erhöhung um 160 Millionen Franken fest.
Der Ständerat dagegen hatte sich für die Bundesrats-Variante ausgesprochen, die Ausgaben von 13,67 Milliarden Franken für vier Jahre vorsieht. Das wäre praktisch gleich viel wie heute.
Die Befürworter der Erhöhung im Nationalrat – vor allem die SVP und Teile von CVP und FDP – argumentierten, dass die Anforderungen an die Landwirtschaft gestiegen seien, während der Anteil der Landwirtschaft an den Bundesausgaben stetig sinke. Die Gegner gaben zu bedenken, dass immer weniger Menschen in der Landwirtschaft arbeiteten, die Subventionen pro Kopf aber laufend stiegen.
Staatliche Regelungen für Milchverträge
Den grössten Teil der Agrardebatte führte der Nationalrat bereits am Mittwoch, wobei er in zahlreichen Belangen der Landwirtschaft entgegen kam. Er sprach sich für staatliche Regelungen für Milchverträge sowie Subventionen für den Futtergetreide-Anbau aus und führte das alte Fleischimportsystem mit Berücksichtigung der Inlandleistung wieder ein. Dagegen lehnte er Massnahmen zum Schutz der Freiberger Pferde ab.
Während sich die Räte im Grundsatz einig sind zur Neuausrichtung der Agrarpolitik, wie sie Landwirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann vorschlägt, bleiben in Detailfragen zahlreiche Differenzen zum Ständerat. Dieser wird sich bereits am kommenden Donnerstag über das Dossier beugen.
Ob es nach Abschluss der Reform – möglicherweise noch in der Frühlingssession – allenfalls ein Referendum gibt, liegt in den Händen des Bauernverbands. Die SVP forderte den Verband auf, das Referendum zu ergreifen. Die Bauern wollen vor einem Entscheid dazu das Schlussresultat abwarten.