Um den Energieverbrauch zu senken, will der Nationalrat mehr Geld für Gebäudesanierungen einsetzen und die Grenzwerte für Neuwagen verschärfen. Die CO2-Abgabe steigt vorerst nicht, doch soll der Bundesrat die Kompetenz behalten, sie zu erhöhen.
Seit 2010 gibt es finanzielle Anreize für Hauseigentümer, Gebäude energietechnisch zu sanieren. Ein Drittel der Gelder aus der CO2-Abgabe kann dafür verwendet werden, höchstens aber 300 Millionen Franken. Künftig sollen es 450 Millionen Franken sein. Der Nationalrat lehnte am Donnerstag den Antrag einer rechtsbürgerlichen Minderheit ab, bei der heutigen Obergrenze zu bleiben.
Das Geld soll künftig in Form von Globalbeiträgen an die Kantone verteilt werden. Der Nationalrat hat im Gesetz verankert, dass die Mittel nicht nur für energetische Gebäudehüllensanierungen und den Ersatz von Heizungen, sondern auch für Gebäudetechniksanierungen zur Verfügung stehen sollen – gegen den Willen des Bundesrates.
Vorläufig keine höhere CO2-Abgabe
Zurückhaltend zeigte sich der Nationalrat bei der Erhöhung der CO2-Abgabe. Heute beträgt die Abgabe 60 Franken pro Tonne oder 16 Rappen pro Liter Heizöl. Der Bundesrat hat die Kompetenz, sie auf höchstens 120 Franken zu erhöhen, falls die Zwischenziele nicht erreicht werden. Er beantragte dennoch, einen höheren Wert im Gesetz zu verankern: Die CO2-Abgabe sollte auf 84 Franken pro Tonne CO2 zu erhöht werden. Damit wollte der Bundesrat die Lenkungswirkung der Abgabe verstärken.
Die vorberatende Kommission sprach sich aber dagegen aus. Der Bundesrat habe ja die Kompetenz, die Abgabe bei Bedarf zu erhöhen, argumentierte sie. Der Nationalrat folgte der Kommission. Energieministerin Doris Leuthard stellte fest, sie könne damit leben. Wenn die Klimaziele nicht erreicht würden, werde der Bundesrat die Abgabe so oder so erhöhen. Ein Antrag von rechtsbürgerlicher Seite, dem Bundesrat diese Kompetenz zu entziehen, wurde abgelehnt.
Keine «Dreckstromabgabe»
Abgelehnt hat der Nationalrat ausserdem einen Vorschlag seiner Kommission, auch auf Strom aus CO2-intensiver Produktion eine CO2-Abgabe zu erheben. Die «Dreckstromabgabe» sei nicht EU-kompatibel, und ein Herkunftsnachweis sei heute nicht möglich, argumentierte Karl Vogler (CVP/OW).
Umstritten war weiter, wer Anspruch auf Rückerstattung der CO2-Abgabe haben sollte. Der Rat blieb bei der Bundesratsversion: Anspruch auf Rückerstattung haben Unternehmen bestimmter Wirtschaftszweige, sofern sie sich gegenüber dem Bund verpflichten, die Treibhausgasemissionen zu vermindern. Eine rechtsbürgerliche Minderheit plädierte vergeblich dafür, alle Unternehmen und auch Hauseigentümer von der Abgabe zu befreien.
Umweltfreundlichere Autos
Neben der Isolation von Gebäuden spielt der Verkehr eine grosse Rolle beim CO2-Ausstoss. Auch hier sind Massnahmen geplant. Der Nationalrat ist dem Bundesrat gefolgt und hat die Vorgaben für Autoimporteure verschärft: Neu zugelassene Autos sollen im Durchschnitt weniger CO2 ausstossen. «CO2-Schleudern» dürften damit teurer werden.
Bis Ende 2020 sollen die CO2-Emissionen von Personenwagen, die erstmals in Verkehr gesetzt werden, auf durchschnittlich 95 Gramm CO2 pro Kilometer gesenkt werden. Zudem sollen neu auch für Lieferwagen und leichte Sattelschlepper Grenzwerte festgelegt werden. Importeure, die das Ziel nicht erreichen, müssen Sanktionen zahlen. Die Werte, für die sich der Nationalrat ausgesprochen hat, entsprechen den EU-Werten.
Intelligente Messsysteme
Weiter hat sich der Nationalrat dafür ausgesprochen, dass der Bundesrat Vorgaben zur Einführung intelligenter Mess-, Steuer- und Regelsysteme beim Endverbraucher machen kann.
Er soll die Elektrizitätsunternehmen dazu verpflichten können, solche Einrichtungen zu installieren oder zuzulassen. In der Formulierung setzte sich hier ein Antrag von Jürg Grossen (GLP/BE) gegenüber der Bundesratsversion durch. Im Gesetz soll verankert werden, dass der Endverbraucher einer Steuerung des Stromverbrauchs – etwa Waschen nur zu bestimmten Zeiten – in jedem Fall zustimmen muss.
Weniger Verzögerungen durch Beschwerden
Für den raschen Umbau der Stromversorgung möchte der Nationalrat die Rechtsmittelwege beschränken, wie der Bundesrat dies vorgeschlagen hatte. Wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, sollen Beschwerden gegen die Planung von Starkstrom- und Schwachstromanlagen nicht mehr bis vor Bundesgericht weitergezogen werden könnten.
Schliesslich hat der Nationalrat am Donnerstag das erste Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 von der Atomausstiegsinitiative der Grünen abgekoppelt: Das Massnahmenpaket soll nicht als indirekter Gegenvorschlag gelten. Mit der Initiative fordern die Grünen, dass Atomkraftwerke nach spätestens 45 Jahren vom Netz gehen. Die Verknüpfung beider Vorlagen würde die Umsetzung des Massnahmenpakets nur verzögern, befand die Mehrheit.
Die Beratungen gehen am Montag und Dienstag nächster Woche weiter. Dann wird es um die Frage gehen, ob die Betreiber alter Atomkraftwerke besondere Auflagen erfüllen müssen. Weil der Nationalrat mehr Zeit für die Energiedebatte benötigt, kann er in dieser Session das Nachrichtendienstgesetz nicht behandeln.