Nestlé darf bei Besetzung von zwei EPFL-Lehrstühlen mitreden

Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé kann bei der Besetzung der zwei von ihm gesponserten Lehrstühlen an der ETH Lausanne (EPFL) mitentscheiden. Die Hochschule spricht von einer «Win-Win-Situation».

Gebäude des Nestle Institute of Health Sciences (NIHS) an der EPFL (Bild: sda)

Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé kann bei der Besetzung der zwei von ihm gesponserten Lehrstühlen an der ETH Lausanne (EPFL) mitentscheiden. Die Hochschule spricht von einer «Win-Win-Situation».

Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé kann bei der Besetzung der zwei von ihm gesponserten Lehrstühlen an der ETH Lausanne (EPFL) mitentscheiden. Das zeigt der Sponsoringvertrag, den die «WOZ» veröffentlichte.

Die Nestlé-Tochterfirma Nestec erhält Einsitz in die Berufungskommissionen für diese zwei «Nestlé-Lehrstühle». Zudem bekommt sie ein Veto-Recht: Jede Ernennung für die beiden Lehrstühle muss von Nestec abgesegnet werden. So steht es im Vertrag, der auch der Nachrichtenagentur sda vorliegt.

Damit räumt die EPFL Nestlé weitergehende Rechte ein als bisher bekannt. Dass Nestlé bei der Ernennung der Professoren mitreden darf, hält die EPFL jedoch für unproblematisch, wie Mediensprecher Jérôme Grosse sagte. Die Unabhängigkeit der Forschung sei nicht tangiert.

«Wir würden unsere Politik ändern, wenn die Unabhängigkeit gefährdet wäre», sagte Grosse auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Beim Vertrag handle es sich um einen «Standard-Vertrag», wie ihn auch andere Universitäten in der Schweiz und Europa verwendeten.

Es sei im Interesse der Hochschule, keinen Professor einzustellen, der den Interessen des Sponsorings diametral entgegenstehe – schliesslich trage der Lehrstuhl auch den Namen des Sponsors. Grosse sprach von einer «Win-Win-Situation».

Vorfall ruft Politik auf den Plan

Das Hochschulsponsoring wird nächste Woche auch Thema in der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N) sein.

«Wir haben die ETH und die Universitäten eingeladen», sagte SP-Nationalrat Matthias Aebischer, der die WBK präsidiert, in der Sendung «Rendez-vous» von Radio SRF. «Sie müssen uns sagen, wie sie das handhaben, denn alle machen es ein bisschen anders. Und wir möchten, dass gewisse Standards eingehalten werden.»

Offenlegung erstritten

Nestlé und die EPFL Lausanne hatten den Vertrag 2006 unterzeichnet. Damals hatte es geheissen, ein Komitee werde in Zusammenarbeit mit Nestlé die Forschungsthemen erarbeiten, die Professoren erhielten aber die volle akademische Freiheit. Pro Lehrstuhl zahlte Nestlé fünf Millionen Franken.

Der Vertrag wurde nun von der «WOZ» veröffentlicht, welche gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz Einsicht verlangt hatte. Der eidgenössische Datenschutzbeauftragte hatte vor wenigen Wochen entschieden, dass sowohl die EPFL und die ETH Zürich ihre Sponsoring-Verträge offenlegen müssen.

Ende letzten Jahres hatte bereits die Uni Zürich ihren Sponsoringvertrag mit der UBS offenlegen müssen. Offengelegt hat auch die Universtität Basel ihre Sponsoren. Allerdings dauerte es bis die Uni auf die Anfrage der TagesWoche reagierte: Angeführt wird die Sponsoren-Liste von Novartis und Roche.

Nächster Artikel