Neue Asylzentren ohne Bewilligung möglich

Asylsuchende können künftig während bis zu drei Jahren in Bundesbauten untergebracht werden, ohne dass der Kanton oder die Gemeinde zustimmt. Diese dringliche Gesetzesänderung hat nach dem Ständerat auch der Nationalrat gutgeheissen.

Protest gegen ein geplantes Asylzentrum im zürcherischen Schmidrüti (Archiv) (Bild: sda)

Asylsuchende können künftig während bis zu drei Jahren in Bundesbauten untergebracht werden, ohne dass der Kanton oder die Gemeinde zustimmt. Diese dringliche Gesetzesänderung hat nach dem Ständerat auch der Nationalrat gutgeheissen.

Die grosse Kammer hatte die bewilligungsfreie Umnutzung von Bundesbauten ursprünglich auf ein Jahr begrenzen wollen. Der Ständerat votierte aber für eine maximale Dauer von drei Jahren. Dem stimmte der Nationalrat am Montag nun zu, gegen den Widerstand von SVP und Grünen.

Die SVP sprach sich dafür aus, bei einem Jahr zu bleiben. Immerhin würden kantonales Recht und Gemeinderecht ausser Kraft gesetzt, gab Christoph Blocher (SVP/ZH) zu bedenken. Balthasar Glättli (Grüne/ZH) teilte die Befürchtung, aus einem Provisorium könnte ein «Providurium» werden. Als Kompromiss schlug er eine Frist von zwei Jahren vor.

Gegen Mangel an Unterkünften

Die Mehrheit vertrat aber die Auffassung, eine Frist von drei Jahren sei sinnvoller. Silvia Schenker (SP/BS) verwies auf den Mangel an Unterkünften, Martin Bäumle (Grünliberale/ZH) warf der SVP vor, dieses Problem gar nicht wirklich lösen zu wollen.

Auch Justizministerin Simonetta Sommaruga sprach sich für drei Jahre aus. Es handle sich um die wirtschaftlichste Variante, argumentierte sie. Ausserdem wehrten sich die Kantone und Gemeinden nicht dagegen.

Keine «carte blanche» für Bundesrat

Abgelehnt hat es der Nationalrat, dem Bundesrat weitreichende Kompetenzen zu erteilen, um Änderungen bei den Asylverfahren zu testen. Der Ständerat hatte einen entsprechenden Artikel kurzfristig ins Gesetz eingebaut. Er möchte dem Bundesrat erlauben, für Testphasen vom Gesetz abzuweichen.

Der Nationalrat will davon aber nichts wissen. Es gehe nicht an, dem Bundesrat eine «carte blanche» zu geben, lautete der Tenor in der grossen Kammer. «Warum sollte das nötig sein?», fragte Glättli.

Kürzere Asylverfahren testen

Schon in der vorberatenden Kommission hatte die Regelung keine Mehrheit gefunden. Sommaruga zeigte Verständnis dafür, dass das Parlament eine «gesunde Portion Skepsis» gegenüber dem Bundesrat aufrechterhalten müsse, bat den Rat aber um Zustimmung.

Sie erinnerte daran, dass das Ziel ja sei, die Asylverfahren zu verkürzen. Es gehe um eine Vorbereitung für die nächste Revision des Asylgesetzes. Der Nationalrat sprach sich jedoch mit 133 zu 52 Stimmen bei 3 Enthaltungen gegen den entsprechenden Gesetzesartikel aus.

Rasche Umsetzung geplant

Mit dieser Differenz geht die Vorlage zu den dringlichen Änderungen des Asylgesetzes zurück in den Ständerat. Über die Dringlichkeitsklausel werden die Räte noch explizit befinden, wenn alle Differenzen ausgeräumt sind.

Stimmen sie zu, treten die Änderungen rasch in Kraft: Ein Referendum könnte erst nachträglich ergriffen werden. Zu den dringlichen Massnahmen gehören unter anderem die besonderen Zentren für renitente Asylsuchende. Auf diese Massnahme hatten sich die Räte bereits vergangene Woche geeinigt.

Diskussion über Dienstverweigerer

Erneut zu diskutieren gab im Nationalrat am Montag, ob es dringlich sei, Wehrdienstverweigerer nicht mehr als Flüchtlinge zu anerkennen. Beide Räte hatten im Grundsatz schon zugestimmt. Der Ständerat ergänzte jedoch, dass die Einhaltung der Füchtlingskonvention vorbehalten bleibt.

Diese Formulierung hat nun auch der Nationalrat gutgeheissen. SP und Grüne setzten sich vergeblich nochmals dafür ein, den entsprechenden Artikel zu streichen. Symbolpolitik dürfe nicht im Dringlichkeitsrecht erlassen werden, befand Schenker.

Blocher widersprach. Es gehe um einen ausserordentlich wichtigen Artikel. Nur so könnten die Wehrdienstverweigerer nach Hause geschickt werden, wenn sich die Lage bessere. Sommaruga betonte ihrerseits erneut, an der heutigen Praxis werde sich nichts ändern. Betroffen seien nämlich Menschen, denen Folter drohe, weil sie den Dienst verweigerten, und das seien Flüchtlinge im Sinne der Flüchtlingskonvention.

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