Nach fünfjähriger Bauzeit ist am Mittwoch die Bahnstrecke zwischen Mendrisio und Stabio im Tessin fristgerecht eingeweiht worden. Eigentlich sollte der Eröffnungszug bis Varese in Italien fahren. Doch auf italienischer Seite wird seit zwei Jahren nicht mehr gebaut.
Der gesamte Bauauftrag für die Fertigstellung der italienischen Strecke müsse neu ausgeschrieben werden, sagte ein Sprecher der staatlichen Eisenbahngesellschaft Italiens (RFI) bei der Einweihungszeremonie am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur sda.
Die Ausschreibungsphase dauere sechs Monate. Mit einer Eröffnung des italienischen Streckenabschnitts sei erst für Mitte 2017 zu rechnen, sagte der RFI-Sprecher.
Ein weinendes und ein lachendes Auge im Tessin
Der für den Verkehr zuständige Tessiner Staatsrat Claudio Zali (Lega) bedauerte auf der Eröffnungsfeier die erneute Verzögerung: «Italien hat uns gegenüber seine Pflicht nicht erfüllt», sagte er.
Der Tessiner Nationalrat Marco Romano (CVP) reagierte am Mittwoch auf die abermalige Verzögerung auf italienischer Seite mit einer Anfrage an den Bundesrat.
Er stellt der Regierung die Frage, ob die Eidgenossenschaft das 2008 zwischen Italien und der Schweiz geschlossene Abkommen zur Bahnlinie Mendrisio-Varese als Druckmittel gegenüber seinem südlichen Nachbarn einsetzen könne, sodass dieser die Arbeiten beschleunige. Eine Antwortet erwartet Romano in der Fragestunde am kommenden Montag.
Bauarbeiten seit 18 Monaten unterbrochen
Seit Mai 2013 wurde am 11,2 Kilometer italienischen Streckenabschnitt nicht weitergearbeitet. Es fehlte eine Deponie, um das mit natürlichem Arsen verseuchte Aushubmaterial zu entsorgen.
Ursprünglich sollte die Bahnlinie als Zubringer für die Weltausstellung 2015 in Mailand genutzt werden – dieser Termin konnte aber trotz wiederholter Zusagen von italienischer Seite nicht eingehalten werden.
Die Schweizer Teilstrecke kostete 186 Millionen Franken – 60 Prozent davon übernahm der Kanton, 40 Prozent der Bund. Die 6,5 Kilometer auf Tessiner Terrain legt der Zug in drei Minuten zurück. Dann erreicht er die renovierte Bahnstation Stabio – an der zwei Kilometer entfernten italienischen Grenze enden die Gleise dann abrupt.
Im Dezember 2012 unterzeichneten die Schweiz und Italien ein Abkommen, das dem südlichen Nachbarn ein zinsvergünstigtes Darlehen in Höhe von 230 Millionen Franken garantierte. Der Bund sicherte diese Gelder zu, damit Italien die Zulaufstrecken zur NEAT ausbauen kann.
Die Bahnlinie Mendrisio-Varese gehöre aber nicht zu dieser Förderkategorie, sagte ein Sprecher der RFI am Mittwoch auf Anfrage. Die Bahnlinie am Lago Maggiore werde dagegen mit Schweizer Mitteln auch auf italienischer Seite für den Güterverkehr ausgebaut.