SP, Grüne und CVP hegen Sympathien für Bundesrätin Widmer-Schlumpf. Um den Anspruch der SVP auf zwei Sitze zu erfüllen, steht bei der CVP auch ein FDP-Sitz im Visier. FDP und SVP ihrerseits schliessen einen Angriff auf die SP nicht aus.
„Für die FDP kann es eng werden“, sagte der St. Galler CVP-Nationalrat Jakob Büchler am Montag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Dass die FDP nur noch einen Sitz erhalte, sei „auch eine Option“. Die BDP-Bundesrätin mache einen „guten Job“.
„Ich habe sehr viel Sympathie für Widmer-Schlumpf“, sagte auch Pirmin Bischof, Solothurner Nationalrat und Anwärter auf einen zusätzlichen CVP-Ständeratssitz. Gleichzeitig hält er fest: Gehe es nach der arithmetischen Konkordanz, habe die SVP Anrecht auf zwei Sitze, die FDP nur auf einen.
Dieser Meinung schliesst sich Ida Glanzmann an: Die FDP habe prozentmässig nur auf einen Sitz Anspruch, sagte die Luzerner Nationalrätin auf Anfrage. Schliesslich habe die FDP nur noch wenig mehr Wähleranteil als die CVP. Die SVP ihrerseits habe Anspruch auf zwei Sitze, „ob wir ihr das zugestehen, ist hingegen eine andere Frage“.
CVP-Zentrale hält sich bedeckt
Im Gegensatz zu den Parlamentariern hält sich die CVP-Zentrale bedeckt. „Es gibt verschiedene Szenarien, die nun geprüft werden. Wir haben Zeit“, sagte Generalsekretär Tim Frey gegenüber der sda. Auch müssten noch die zweiten Wahlgänge für den Ständerat abgewartet werden.
Im besten Fall gewinnt die CVP in den zweiten Wahlgängen weitere neun Mandate im Ständerat. Nach den ersten Wahlgängen kommt die Partei auf sieben Sitze. Die FDP – ebenfalls auf momentan sieben Sitzen – kann im besten Fall weitere acht Mandate gewinnen. In drei Kantonen (SO, SZ, TG) kämpfen die Parteien direkt gegeneinander.
FDP: Wählerstärke entscheidend
Für die FDP hingegen ist klar, dass die zweiten Wahlgänge in den Ständerat keinen Einfluss mehr haben. „Gemessen am Wähleranteil bei den Nationalratswahlen sind wir noch immer die drittstärkste Kraft im Land“, sagte FDP-Generalsekretär Stefan Brupbacher auf Anfrage. Und alleine darauf komme es an.
Auch irgendwelche Holdings oder Fraktionsbildungen könnten daran nichts ändern, sagte Brupbacher. Die FDP stehe ein für die Konkordanz, welche heisse: zwei Sitze für die drei grössten Parteien, ein Sitz für die viertgrösste.
Bei den Bundesratswahlen Mitte Dezember wolle sich die FDP an diese Konkordanz halten – „allerdings nur, wenn dies die anderen Partien auch tun“. Mit anderen Worten: Einen Angriff auf einen SP-Sitz schliesst die FDP nicht aus. Dies, falls in den vorhergehenden Wahlrunden einer ihrer Bundesräte nicht wiedergewählt würde.
Gleich klingt die bisher offengelegte Strategie der SVP: „Gemäss Wähleranteil – und dieser ist bestimmend – haben SVP, SP und FDP Anspruch auf zwei Sitze im Bundesrat“, sagte SVP-Generalsekretär Martin Baltisser zur sda. In Gesprächen wolle die SVP nun herausfinden, wer sich an die Konkordanz halten wolle. Danach lege die Partei ihre Taktik fest.
Grunder: Kein Angriff auf die FDP
Für BDP-Präsident Hans Grunder kommt ein Angriff auf einen Bundesratssitz von FDP oder SP nicht in Frage: „Das Parlament sollte aufhören, Bundesräte abzuwählen.“ Er plädiere für den Status quo. Die FDP müsse sich aber genau überlegen, wie sie sich bei den Wahlen verhalten wolle.
Die SVP bezeichnete Grunder als „nicht voll regierungsfähig“. Sie solle „ihre Hausaufgaben machen“, erst dann stünden ihr wieder zwei Sitze im Bundesrat zu. Gespräche zwischen BDP und SVP schliesst Grunder aus. „Dafür gibt es keinen Anlass.“
Die SP gab sich auch am Tag nach der Wahl zurückhaltend: „Wir müssen uns entscheiden, ob wir eine rechnerische Konkordanz wollen oder der sich entwickelnden politischen Dynamik Rechnung tragen sollen“, sagte SP-Präsident Christian Levrat. Dabei müssten auch die Verluste von SVP und FDP in Betracht gezogen werden.
Grüne: Keine Bundesratsambitionen mehr
Schon weiter in ihrer Strategie-Entwicklung sind die Grünen. „Nach unseren Verlusten steht eine eigene Kandidatur nicht mehr im Vordergrund“, sagte Grünen-Präsident Ueli Leuenberger. Er meine, dass die Grünen darauf hinwirken sollten, dass weiterhin eine Mehrheit im Bundesrat den Atomausstieg befürwortet.
Das spreche für Widmer-Schlumpf. Ob sie auf Kosten der SVP oder der FDP in der Regierung bleiben solle, werde die Fraktion entscheiden müssen.
Auch bei den Grünliberalen ist einiges unklar. „Nach den grossen Wahlerfolgen müssen wir uns erstmal intern organisieren“, sagte GLP-Generalsekretärin Sandra Gurtner-Oesch. GLP-Präsident Martin Bäumle liess am Sonntag durchblicken, dass für seine Partei inhaltliche Fragen zentral seien. Dazu gehöre der Atomausstieg. Anderseits sei auch die Konkordanz wichtig.