Neues Projekt will ein Zeichen gegen Foodwaste setzen

Auch Basel bekommt bald ein Backwarenoutlet. Im Gundeldinger Quartier gegenüber dem SBB sollen ab Herbst günstig Backwaren verkauft werden.

Essbares wegwerfen, das muss nicht sein, finden Beat Dünki und Ursula Moser. Im Herbst eröffnen sie ein Backwarenoutlet im Gundeldinger Quartier.

(Bild: Daniela Gschweng)

Mit Lebensmitteln, die anderswo weggeworfen werden, noch Gewinn machen, dabei Müll reduzieren und das zum Vorteil aller Beteiligten: Was anderswo schon funktioniert, soll es ab Herbst auch in Basel geben.

Ein Drittel aller Lebensmittel in der Schweiz landen im Müll. Nach Angaben von foodwaste.ch werden 56 Prozent aller Brot- und Backwaren weggeworfen. Oft allein deshalb, weil sie die Haltbarkeitskriterien des Herstellers nicht erfüllen. Schlecht oder unbrauchbar sind sie deswegen noch lange nicht. Für viele Hersteller lohnt es sich nur nicht, diese Ware zum reduzierten Preis anzubieten.

Dagegen will ein Basler Projekt nun ein Zeichen setzen. Im «Backwarenoutlet» in der Güterstrasse 120 gegenüber dem SBB sollen ab Herbst verbilligte Backwaren verkauft werden, die anderswo aussortiert wurden. Sandwiches, Kuchen, Torten, Brot und Brötchen, die nach den Kriterien der Hersteller nicht weiter gelagert werden, gibt es dann zum halben Preis.

Verdorbenes oder Abgelaufenes wird nicht verkauft

«Wie alt die angebotene Ware genau ist, lässt sich schwer sagen», präzisiert Beat Dünki, der «Backwarenoutlet» zusammen mit seiner Partnerin Ursula Moser ins Leben gerufen hat. «Im Extremfall kann das bedeuten, dass tagesfrische Produkte am Nachmittag aussortiert werden und ein paar Stunden später bereits bei uns im Laden landen», gibt er Auskunft «ein Christstollen andererseits ist etwas länger haltbar. Den gibt es dann nach Weihnachten.» Wirklich Verdorbenes oder Abgelaufenes wird nicht verkauft. Beim geplanten Angebot handle es sich um Backwaren vom Vortag, Restposten oder Saisonware.

Foodwaste wird für die Industrieländer zunehmend zum Problem

Dass Beat Dünki gute Ideen auch umsetzen kann, hat er bereits mehrfach bewiesen. Unter anderem als Gründungsmitglied von Mobility. Angefragt hat er bei den Klein- und Grossbäckereien beider Basel, von denen bereits ein grosser Teil eine Kooperation zugesagt hat. Begeistert zum Teil, wie Dünki sagt. Welcher Bäcker will schon jeden Tag seine Produkte in den Müll werfen?

Mit dem «Backwarenoutlet» treffen die Initianten nicht nur bei den Bäckereien einen Nerv. In der Schweiz landen jedes Jahr mehr als zwei Millionen Tonnen Nahrungsmittel im Müll. Ungefähr die Hälfte davon schon, bevor sie Läden und Restaurants erreichen. Oft werden Lebensmittel zudem unbrauchbar gemacht, damit sie nicht doch noch aus dem Container gefischt werden. Foodwaste wird für die Instrustrieländer zunehmend zum Problem.

Frankreich geht gegen Lebensmittelverschwendung bereits gesetzlich vor

Als erstes Land auf gesetzgebender Ebene handelte kürzlich Frankreich. Am 21. Mai verabschiedete das französische Parlament ein Massnahmenbündel, in dem die Verschwendung sowie die Unbrauchbarmachung von Lebensmitteln durch den Handel verboten werden. Unverbrauchte Lebensmittel müssen in Zukunft recycelt oder gespendet werden. Die derzeitige Praxis, so ein Abgeordneter, sei «skandalös».

Ganz neu ist die Idee der Weiterverwertung von Backwaren nicht. Im benachbarten Deutschland sind «Vortagsläden» schon länger anzutreffen. Dass das Prinzip auch in der Schweiz funktionieren kann, zeigt das Unternehmen Äss-Bar, das nach mehreren Filialen in Zürich und Bern gerade einen weiteren Laden in Winterthur eröffnet hat. Einen ähnlichen Ansatz hat auch der «fairteiler» auf dem Werkhof Gundeldingen, wo private Teilnehmer Nahrungsmittel deponieren können, die sie selbst nicht mehr essen möchten.

Selbst keinen Müll produzieren

Der Nachhaltigkeitsgedanke ist Dünki und Moser wichtig. Einrichten wollen sie den kleinen Laden an der Güterstrasse vor allem mit gebrauchten Möbeln. Und sie wollen, wenn möglich, selbst nichts wegwerfen. «Die Nahrungsmittel, mit denen wir handeln, sollen weiter ein hochwertiger Teil in der Wertschöpfungskette bleiben», erklären sie. Kontakte gibt es bereits mit dem Verein für Sozialpsychiatrie Baselland (VSP), dessen Kochgruppe Reste weiterverwerten will. Im Gespräch ist man auch mit einem Brauer sowie mit einem Bäckermeister. «Wir haben sogar schon an eine Weiterverwertung als Hundefutter gedacht», listet Beat Dünki seine Pläne auf. Am Ende bliebe noch die Biogasverwertung.

Kein Sozialbetrieb, sondern ein KMU

Finanzieren muss sich das «Backwarenoutlet» allerdings selbst. Das Startkapital kommt bisher allein von den Gründern, die sich ähnliche Geschäftsmodelle im In- und Ausland vorher genau angesehen haben. Geplant ist ein Crowdfunding, um die Finanzen etwas aufzubessern und auch spezielle Aktionen finanzieren zu können. Mit dem gut sichtbaren Standort gegenüber dem SBB-Eingang Gundeli hofft man auf umfangreiche Laufkundschaft.

Bei der Auswahl der Angestellten wollen die beiden Gründer dennoch ein Augenmerk auf soziale Kriterien haben und bevorzugt Leute einstellen, die, so Dünki, «durch Alter oder soziale Umstände auf dem Arbeitsmarkt Mühe haben, eine Anstellung zu finden». Mehrere Kandidaten sind schon gefunden und warten bereits auf die Eröffnung. Die sollte eigentlich schon Ende Mai stattfinden, aber die Vermietung des Ladengeschäfts verzögerte sich.

Kein Problem, findet Ursula Moser. Statt dessen wurde am Sonntag, 21. Juni in aller Ruhe ein «Pre-Opening» im kleineren Kreis gefeiert. Feines vom Vortag gibt es gegenüber dem Bahnhof SBB voraussichtlich ab Herbst.

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