Zahlreiche Industriefirmen verschieben wegen des starken Frankens Jobs ins Ausland und kürzen Löhne. Tatsächlich ist der Druck in gewissen Branchen sehr hoch: Die Ökonomen der Credit Suisse (CS) haben eine Überbewertung des Frankens von bis zu 50 Prozent errechnet.
Allerdings ist die Überbewertung nicht in allen Industriebranchen gleich stark. Über die gesamte Schweizer Wirtschaft betrachtet kommen die CS-Ökonomen gar zum Schluss, dass der tatsächliche Wechselkurs Ende 2014 praktisch dem fairen Wechselkurs entsprochen hatte.
Dieser betrug demnach 1,24 Franken für einen Euro. Ermittelt wird der faire Wechselkurs hauptsächlich über die Kaufkraft der Währungen, wobei nicht die Konsumentenpreise miteinander verglichen werden, sondern die Produzentenpreise. In die Berechnung miteinbezogen wurden aber auch weitere Faktoren.
Um zu erheben, wie die Frankenstärke bei den einzelnen Industriebranchen überbewertet ist, wurde auch die Entwicklung der Handelsbilanz beigezogen. Resultat der Untersuchung: Für viele Branchen war der Franken sogar zu stark, als er noch 1,20 Fr. kostete.
Für die Druck-, die Kunststoff-, die Metallprodukte- und die Uhrenindustrie etwa war der Franken 2014 durchschnittlich um 20 bis 30 Prozent überbewertet. «Mit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses hat sich die Differenz zwischen dem fairen Wechselkurs und dem tatsächlichen Wechselkurs natürlich schlagartig nochmals erhöht», sagte Andreas Christen vom CS-Forschungsteam am Dienstag in einer Telefonkonferenz.
Preiselastizität entscheidend
Für andere Industriesparten dagegen, namentlich für die Lebensmittel-, die Chemie- und die Metallindustrie war der Franken dagegen Ende 2014 nur leicht oder gar nicht überbewertet. Für sie ist der gegenwärtige Wechselkurs denn auch nicht gleich problematisch wie für andere Industriezweige.
Spannend ist aber auch, dass etwa die Hersteller von Mess- und Kontrollinstrumenten eigentlich unter einer sehr hohen Differenz zwischen tatsächlichem und fairen Wechselkurs leiden, die Branche aber dennoch wächst. Die CS-Ökonomen erklären sich dies damit, dass die Nachfrage nach Gütern gewisser Branche nicht primär vom Preis abhängig ist.
Diese Branchen – also beispielsweise der Luxusgütersektor, die Pharmabranche dank dem Patentschutz oder eben die Messgerätehersteller mit hoch spezialisierten Produkten – können daher auch gut beim gegenwärtigen Euro-Frankenkurs reüssieren.