Niederländische Crucell plant in Bern Abbau von bis zu 380 Stellen

Der niederländische Biotech-Konzern Crucell plant die Produktion von drei Impfstoffen einzustellen. Dadurch könnten in Bern und Köniz bis zu 380 von insgesamt 460 Stellen wegfallen, wie Mediensprecher Thomas Moser am Mittwoch der Nachrichtenagentur sda sagte.

Crucell-Hauptsitz im niederländischen Leiden (Archiv) (Bild: sda)

Der niederländische Biotech-Konzern Crucell plant die Produktion von drei Impfstoffen einzustellen. Dadurch könnten in Bern und Köniz bis zu 380 von insgesamt 460 Stellen wegfallen, wie Mediensprecher Thomas Moser am Mittwoch der Nachrichtenagentur sda sagte.

Insgesamt stehen weltweit 560 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Betroffen sind neben der Region Bern die Standorte Madrid und Leiden in den Niederlanden. Ein Konsultationsverfahren mit den Arbeitnehmervertretern sei eingeleitet worden und dauere voraussichtlich bis Mitte Januar, erklärte Moser.

Die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern teilte in einer ersten Stellungnahme mit, sie wolle «die Konsultationsphase nutzen, um mit der Firma Alternativen zur Restrukturierung zu prüfen». Sie habe zu diesem Zweck eine Task Force eingesetzt.

Crucell beabsichtigt, die Produktion und Vermarktung der Impfstoffe Inflexal (gegen Grippe), Epaxal (Hepatitis A) und Vivotif (Typhus) im Laufe des nächsten Jahres «stufenweise einzustellen», wie der Konzern in einem Communiqué mitteilte. Dies sei «Teil einer fortlaufenden Überprüfung von Crucells globalen Geschäftsprioritäten und ihres Produkteportfolios».

Berner Stadtregierung bedauert

Die Berner Stadtregierung bedauert in einer Mitteilung vom Mittwoch die geplante Restrukturierung. Der Gemeinderat sei von der Ankündigung der niederländischen Firma überrascht, heisst es.

Der Gemeinderat hofft, dass der Konzern von einer Schwächung seines Standortes und von einem Abbau von Arbeitsplätzen in der Region Bern absieht.

Die Stadtregierung betont, dass es ihr wichtig ist, dass Crucell bei der Restrukturierung eng mit den Sozialpartnern und den Behörden zusammenarbeitet.

«Die Stadt Bern hilft gerne mit, die Arbeitsplätze in der Region zu halten und den Verlust von Fachwissen in der Erforschung und Produktion von Impfstoffen zu verhindern», sagte Stadtpräsident Alexander Tschäppät.

Gemeinde Köniz auch betroffen

Betroffen vom Abbau wären neben Mitarbeitern in Bern auch 90 Personen in Köniz. Geschlossen würde der Campus Grafenried in Thörishaus.

Luc Mentha, Gemeindepräsident in Köniz, sagte gemäss einer Mitteilung der Gemeinde: «Diese Nachricht trifft uns aus heiterem Himmel. Ich bin konsterniert und sehr betroffen von der möglichen Schliessung und dem drohenden Verlust von Arbeitsplätzen.»

Noch in diesem Jahr habe die Könizer Bevölkerung Ja gesagt zu einer Anpassung von Bauvorschriften, um Crucell einen Ausbau am Standort Grafenried zu ermöglichen.

Mentha wirft der Firma nun vor, damals nicht über die Schwierigkeiten informiert zu haben. «Ich hätte erwartet, dass sie und vor der Abstimmung über schwerwiegende Massnahmen informieren.» Trotz der Enttäuschung: Köniz will den Kanton bei der Suche nach Alternativen unterstützen.

Unia fordert zu sozialem Dialog auf

Die Gewerkschaft Unia hat den niederländischen Crucell-Konzern am Mittwoch in einer Mitteilung zum sozialen Dialog aufgefordert. Man habe mit dem Konzern diesbezüglich Kontakt aufgenommen, schreibt die Gewerkschaft.

Unia will insbesondere das Gespräch mit der Arbeitnehmervertretung und der betroffenen Belegschaft suchen. Das Unternehmen solle alle Informationen zur geplanten Restrukturierung zugänglich machen, fordert die Gewerkschaft. Im Rahmen des Konsultationsverfahrens vorgeschlagene Alternativen seien mit aller Seriosität zu prüfen.

Anomalien bei Grippeimpfstoffen

Crucell hatte 2006 den Impfstoffhersteller Berna Biotech gekauft. 2011 wurde das niederländische Unternehmen seinerseits vom US-amerikanischen Pharmakonzern Johnson & Johnson übernommen.

In jüngerer Vergangenheit war Crucell in die Schlagzeilen geraten, weil in Italien Anomalien bei Grippeimpfstoffen des Unternehmens aufgetreten waren. Daraufhin stoppten die Behörden mehrerer Länder, unter ihnen auch die Schweiz, die Auslieferung.

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