Nino Schurter steht mit 30 Jahren auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Mit dem Olympiasieg von Rio de Janeiro hievt sich der Bündner in einen exklusiven Kreis von Schweizer Athleten.
Spätestens nach dem Rennen in Rio darf Schurter in Mountainbike-Kreisen im selben Atemzug mit Julien Absalon genannt werden. Rein leistungsmässig schien Schurter den Franzosen schon länger ein- oder gar überholt zu haben. Anders als Doppel-Olympiasieger Absalon fehlte dem Schweizer jedoch der Sieg im wichtigsten Rennen des Kalenders, jener an den Olympischen Spielen.
Nachdem er den Triumph 2012 knapp verpasst hatte, ordnete Schurter dem Ziel Olympiasieg in den letzten vier Jahren alles unter. Er unternahm alles, um die Scharte auszuwetzen. Er versuchte, sich sportlich weiterzuentwickeln, experimentierte am Material und machte auch nie ein Geheimnis daraus, dass in Rio nur Gold zählt. «Eine zweite silberne oder bronzene Medaille brauche ich nicht mehr, ich will Gold», sagte Schurter noch vier Tage vor dem Rennen.
Wie die Ruderer des Schweizer Leichtgewichts-Vierers sagte Schurter Gold an und setzte seinen Plan in Perfektion um. «Es musste wohl Silber sein vor vier Jahren, damit ich noch besser werde», sagte er nach dem Triumph von Rio mit einer selten gesehenen Gelassenheit. Wie der 30-Jährige mit dem nicht zuletzt selbst auferlegten Druck umging, zeugt von grosser Klasse und mentaler Stärke. Es war eine Machtdemonstration.
Äusserlich war beim Bündner in den letzten Monaten keine Anspannung zu vernehmen. Im Gegenteil: Seit er letztes Jahr Vater geworden ist, wirkte er noch relaxter. Teamchef Thomas Frischknecht, 1996 in Atlanta bei der olympischen Mountainbike-Premiere als Zweiter selbst auf dem Podest, lobte seinen Schützling: «Wie er seinen Plan in den letzten vier Jahren umsetzte, ist beeindruckend. Der Druck war immens, so hoch wie noch nie.»
Mindestens vier Jahre wird der erste Schweizer Mountainbike-Olympiasieger weiterfahren. Die Weichen für die Zukunft hatte der Ausnahmekönner schon im Winter gestellt, als er seinen Vertrag mit Frischknechts Team um vier Jahre verlängerte. «Das Biken macht mir sehr viel Spass. Ich hoffe, dass ich genauso zielstrebig bleibe und in vier Jahren wieder dabei bin», sagte Schurter. Es gibt keinen Grund daran zu zweifeln, dass Schurters Palmarès weiter anwachsen und er in Tokio 2020 erneut um Gold fahren wird.
Seinen Platz in den Geschichtsbüchern des Schweizer Sports hat sich Schurter in Rio unabhängig von weiteren Erfolgen gesichert. Denn der Kreis von Schweizer Dreifach-Medaillengewinnern an Olympischen Spielen ist klein. In der «Neuzeit» (in den letzten 28 Jahren) gewannen nur zwei Schweizer Athleten an Sommerspielen dreimal Edelmetall: Fabian Cancellara – und Schurter.