Zu Beginn der Weltcup-Saison neben Pat Burgener auf dem Podest, zum Ende ebenso: Restlos zufrieden ist der WM-Zweite Iouri Podladtchikov mit seinem Winter dennoch nicht.
Der unbändige Ehrgeiz, sich unter anderem durch seine Akribie ständig auf ein noch höheres Level zu hieven, ist seit Jahren Podladtchikovs Triebfeder. Das bestätigen Trainer und Teamkollegen unisono. In dieser Saison korrespondierten die Resultate aber nicht immer mit den Leistungen. «Nach diesem schönen Anfang habe ich es mir schon anders vorgestellt», gab der Olympiasieger von 2014 zu. «Wir sind einfach und spielerisch um die ersten Plätze mitgesprungen. Dann gab es immer wieder Dinge, die nicht liefen wie geplant.»
Ein Sieg gehörte in diesem Winter nicht zum Palmarès des 28-jährigen Zürchers. Dafür gefiel ihm die enorme Konstanz, die er an den Tag gelegt habe. «Die wird erwartet, ist aber nicht selbstverständlich.» Podladtchikov hat einmal mehr viel investiert, an Details gefeilt, er hat sich ständig hinterfragt. Und er hat für vieles Lösungen gefunden.
Kraftsparen als Luxus
Zum Beispiel waren Umfallen oder Stürze in Ausscheidungen kein Thema. Erstmals überhaupt brauchte er keinen einzigen zweiten Qualifikationslauf, um in einem der sechs wichtigen Wettkämpfe in den Final zu kommen. «Das ist ein Luxus. Ich konnte so viel Energie und Kraft für jene Tage sparen, an denen es zählte.» An den Olympischen Spielen von Pyeongchang würde ihm dies zugute kommen. Denn 2018 finden Qualifikation und Final im Gegensatz zu Sotschi 2014 an separaten Tagen statt.
Die Vorfreude auf seine vierte Olympia-Teilnahme – die Kriterien hat er mit WM-Silber formell erfüllt – ist unüberhörbar. In Gedanken und in seinen Aussagen ist Podladtchikov ein paar Sekunden lang in Pyeongchang, dann wieder in der Aktualität. Stillstand gibt es für ihn sprichwörtlich nicht. Immer findet er Details, an denen er arbeiten möchte. «Es gibt ein unglaubliches Spektrum an Fehlern, die man korrigieren kann. Sei das im Bezug auf technische Schwierigkeiten, auf die Sauberkeit der Sprünge, auf eine gewisse Fahrweise bei schwierigen Bedingungen.»
Immense Bedeutung der Zwischensaison
Deshalb wird die Zeit bis zum Saisonstart 2017/18 für Podladtchikov und für seine Teamkollegen von grosser Bedeutung sein. Die Schneebedingungen in der Schweiz und die späte Schliessung der nationalen Resorts spielen den Fahrern in die Karten. «Das Wichtigste im Hinblick auf Olympia passiert erst jetzt. In den nächsten Monaten wird der Unterschied herausgeschafft. Man kann den Formstand in die Höhe treiben. Ich will ein Niveau erreichen, das ich immer und überall abrufen kann.»
Vorerst wird sich Podladtchikov rund zehn Tage Ruhe gönnen. «Wir stehen seit Ende November nonstop auf den Zehenspitzen.» Zudem verspürt er nach seinem Sturz im dritten WM-Finallauf Schmerzen im rechten Knie, die er in Zürich untersuchen lässt. Danach geht es in einem ruhigeren Modus weiter. «Man muss nicht mehr 15 Mal pro Tag ‚liefern‘, sondern vielleicht fünf Mal.»
Gelungener Trick stärkt Selbstvertrauen
Das ungläubige Lachen und die Freude nach seinem zweiten WM-Finallauf mit dem zum dritten Mal in diesem Winter gelungenen Abschluss-Trick («Double Alley Oop Backside Rodeo») haben Podladtchikov eines bestätigt: Er ist auf einem guten Weg Richtung Olympia 2018. «Das letzte Ausrufezeichen wurde mit der Leistung im WM-Final gesetzt. Das war für mich sehr viel wert und das Wichtigste in der Saison», resümierte er. «Es war ein Traum, einen Lauf mit meinem schönsten Sprung abzuschliessen.»
Das gelungene Manöver, das derzeit ausser ihm niemand steht, hat das grosse Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten noch einmal gesteigert. «Die Erfahrungen, den Trick in einem Wettkampf zu stehen, sind für mich von enormer Bedeutung.» 2013 hat er den «Double Alley Oop Backside Rodeo» erstmals auf dem Sprungkissen gezeigt und im Frühling 2016 im ersten Versuch auf Schnee gestanden. Für Podladtchikov ist er einer der wenigen Tricks, die technisch auf hohem Level und auch bei schwierigen Bedingungen ausführbar sind. Das könnte sich im Hinblick auf Pyeongchang als weiteres wichtiges Mosaiksteinchen erweisen.