Die Dominanz der Amerikaner wurde in diesem Jahr durchbrochen: Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften geht 2014 an den Franzosen Jean Tirole. Ausgezeichnet wird der 61-Jährige für seine Analysen von Marktmacht und der Regulierung von Märkten.
Dies verkündete die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Montag in Stockholm. Das Komitee würdigte den an der Universität Toulouse tätigen Tirole als einen «der einflussreichsten Ökonomen unserer Zeit». Er habe insbesondere zum Verständnis beigetragen, wie Wirtschaftsbereiche mit wenigen dominanten Konzernen zu regulieren seien.
Als «einen der profiliertesten Ökonomen unserer Zeit», bezeichnete ihn auch Volkswirtschaftsprofessor Stefan Bühler von der Universität St. Gallen auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Triole sei bereits früher verschiedentlich als potentieller Gewinner des Nobelpreises gehandelt worden.
Aymo Brunetti, Volkswirtschaftsprofessor an der Universität Bern, bestätigte diese Angaben. Es handle sich um eine unbestrittene Ernennung.
Ehrendoktor der Uni Lausanne
Nach Angaben des Nobelkomitees ist Tirole nach Maurice Allais (1988) und Gérard Debreu (1983) erst der dritte Franzose, der den begehrten Preis erhält. Zu Tiroles Arbeitsschwerpunkten gehören industrielle Organisation, Banken- und Finanzwesen sowie psychologische Aspekte der Wirtschaftswissenschaft.
Bekanntheit erlangte er unter anderem mit dem 1999 erschienenen Lehrbuch «Industrieökonomik». Bereits Anfang der 1980er Jahre forschte Tirole über Spekulationsblasen. Er veröffentlichte zudem Arbeiten zur Spieltheorie und Vertragstheorie.
Tirole besitzt mehrere Ehrendoktor-Titel: 2013 wurde ihm beispielsweise der Ehrendoktor der Universität Lausanne verliehen. Bereits 1992 hielt er eine Gastvorlesung am Centre Walras Pareto der Universität Lausanne.
Keine einfache Patentlösung
Ausgangspunkt der Überlegungen von Tirole ist es, dass Unternehmen mit einer marktbeherrschenden Stellung für die Gesellschaft unbefriedigende Ergebnisse erbringen können: Einmal können sie höhere Preise durchsetzen als wenn sie in hartem Wettbewerb mit anderen Firmen stehen – dies zum Nachteil der Kunden.
Zum anderen führt ein eingeschränkter Wettbewerb tendenziell zu einer eher geringeren Innovationsleistung, sprich zu langsamerem Fortschritt und weniger Erfindungen – dies zum Nachteil aller.
Tiroles Verdienst ist es in den Augen des Nobelkomitees, dass er die teilweise vorherrschende Vorstellung widerlegte, nach der einfache Prinzipien auf alle solchen Fälle anzuwenden sind, wie zum Beispiel Preisobergrenzen und Kooperationsverbote für Wettbewerber.
Patentgemeinschaften, bei denen sich mehrere Firmen die Rechte an einer Erfindung teilen, sind hingegen durchaus für die gesamte Gesellschaft sinnvoll. Die besten Regulierung oder Wettbewerbspolitik ist es laut Tirole, die jeweils speziellen Umstände einer Industrie zu berücksichtigen.
In den vergangenen Jahren war der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften stets an Wissenschaftler aus den USA gegangen. Ein Europäer hatte den Preis zuletzt 2010 erhalten.