Nach der Ankündigung von Novartis, in Basel 760 Stellen zu streichen, machte man sich nicht nur um die betroffenen Mitarbeiter Sorgen. Sondern um den ganzen Forschungs- und Wirtschaftsplatz. Nun soll dieser gesichert werden. Unter anderem mit einer engeren Zusammenarbeit von Uni und Pharma.
Profitgier! Raubtierkapitalismus! Desaströse Informationspolitik! In der Romandie echauffieren sich die Politiker über den Abbau von insgesamt 1080 Stellen, den Novartis in der Schweiz angekündigt hat – trotz Milliardengewinnen.
In Nyon fallen 320 Stellen weg, in Basel werden es mehr als doppelt so viele sein – 760. Dennoch fallen die Reaktionen hier sehr viel zurückhaltender aus. Die rotgrüne Regierung murrte zwar nach der Ankündigung von Novartis, sucht die Fehler inzwischen aber auch bei sich. Und sie wurde fündig – bei der Ausbildung. Darum hat der Regierungsrat Anfang Woche bei seinem Treffen mit der Novartis-Spitze vereinbart, dass die Universität in Zukunft eng mit dem Pharmaunternehmen zusammenarbeiten soll. «Industry on Campus» heisst das Projekt, das die Novartis-Forscher aufs Schällemätteli-Areal bringen soll, ins neue Life-Sciences-Zentrum der Universität Basel. Den Lead hat das Uni-Rektorat übenommen, den Kontakt zu Novartis unterhält Professor Edwin Constable.
Ganz neu ist die Idee «Industry on Campus» auch in Basel nicht, schon vor vier Jahren sprach man hier ein erstes Mal davon. «Nun wird das Projekt aber konkret», verspricht der Basler Bildungsdirektor Christoph Eymann (LDP): «Wir müssen den Austausch zwischen Uni und Pharma unbedingt fördern.» Wie viele Novartis-Forscher in den Uni-Labors mit den Studenten zusammenarbeiten werden, kann er noch nicht sagen.
Fest steht dagegen, dass die Universität auch mit anderen Pharmaunternehmen wie Roche oder Actelion eine Zusammenarbeit anstreben wird. Damit will sie verhindern, dass Neidgefühle geweckt werden, die auch ein grösseres Projekt zu Fall bringen können. Wie gross diese Gefahr ist, weiss man in Basel spätestens seit dem erfolgreichen Widerstand von Roche gegen ein ETH-Institut in der Nähe des Novartis-Campus.
Die Schweizer Unis – noch gut genug?
Einzelne andere mitteleuropäischen Universitäten haben solche Probleme bereits gelöst und «Industry on Campus» eingeführt. Eine der ersten war jene in Heidelberg 2006. «Die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis bereitet zumindest in Deutschland ganz erhebliche Schwierigkeiten», sagte Uni-Rektor Peter Hommelhoff damals: «Das ist mit ein Grund, warum hier noch aus keinem Garagenbetrieb ein Weltunternehmen entstanden ist wie im Silicon Valley.»
Die Uni – nur bedingt praxis-tauglich? In Basel wird diese Frage kontrovers diskutiert. «Selbst mit einer ETH und der Uni Zürich in der Nähe kann der Standort Basel Top-Universitäten wie Boston das Wasser nicht reichen», sagte Christoph Koellreuter, Leiter des Think Tank Metrobasel, der NZZ am Sonntag. Und die Zeitung konstatierte: In Life Sciences und klinischer Medizin spielen die Schweizer Universitäten nicht in der obersten Liga mit.
Das wird von der Basler Regierung allerdings bestritten. «Was die Hochschulausbildung anbelangt, erhalten wir von der Pharma durchwegs positive Rückmeldungen», sagt Wirtschaftsdirektor Christoph Brutschin (SP).
Die Vereinbarung über eine vertiefte Zusammenarbeit wird allerdings auch ihn freuen. Besser werden kann man ja immer, egal ob man schon gut ist – oder nicht mehr in der obersten Liga forscht, wie die NZZ befürchtet.
Quellen
Medienmitteilung der Basler Regierung zum Treffen mit der Novartis-Spitze.