NZZ darf wieder über Datenleck bei der Swisscom berichten

Die «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ) darf wieder über den Datendiebstahl bei Swisscom berichten. Das Berner Handelsgericht hat die von Swisscom erwirkte superprovisorische Verfügung gegen die NZZ aufgehoben. Swisscom akzeptiert laut einer Mitteilung vom Freitag den Entscheid.

Printausgaben der "Neuen Zürcher Zeitung" (Archiv) (Bild: sda)

Die «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ) darf wieder über den Datendiebstahl bei Swisscom berichten. Das Berner Handelsgericht hat die von Swisscom erwirkte superprovisorische Verfügung gegen die NZZ aufgehoben. Swisscom akzeptiert laut einer Mitteilung vom Freitag den Entscheid.

Die NZZ zeigte sich «zufrieden, aber nicht überrascht» über den Gerichtsentscheid, wie NZZ-Mediensprecherin Bettina Schibli auf Anfrage sagte.

Swisscom wiederum betonte, dass auch wenn die superprovisorische Verfügung aufgehoben wurde, so habe das Handelsgericht in der Urteilsbegründung klar festgestellt, dass ein weiteres, häppchenweises Publizieren von Erkenntnissen einen Verstoss gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb darstellen könnte.

Weitere Artikel?

Gemäss Swisscom hat die NZZ im Verfahren betont, dass sie «keine konkreten Kundendaten mehr veröffentlichen will». Swisscom möchte aber, dass alle Daten vernichtet werden. Der grösste Schweizer Telekom-Konzern verlangt auch, dass die NZZ auf weitere Artikel zu den Daten verzichtet.

Die NZZ wollte zu keinem der von Swisscom angesprochenen Punkte gegenüber der Nachrichtenagentur sda Stellung nehmen. Allerdings schrieb Schibli auf Nachfrage: «Der Sachverhalt des Datendiebstahls bleibt für die NZZ auch in Zukunft ein relevantes journalistisches Thema.»

Namen von Kunden veröffentlicht

Die NZZ hatte im vergangenen September publik gemacht, dass die Redaktion im Besitz von vier Datenbändern von Swisscom sei. Der Konzern reichte darauf Strafanzeige gegen Unbekannt ein.

Die Zeitung veröffentlichte am 20. Dezember 2013 einen weiteren Artikel zum Datenleck. Darin schrieb sie, dass auf den Bändern auch Kontaktdaten von 972 Prominenten seien, darunter von Bundesräten, National- und Ständeräten und Exponenten der Wirtschaft sowie von Stars aus Sport, Kunst und Showbiz. Die Zeitung nannte auch Namen.

Swisscom gelangte darauf am gleichen Tag an das Handelsgericht und erstritt die superprovisorische Verfügung. Diese untersagte der NZZ, Daten von Swisscom-Kunden zu veröffentlichen. Die Swisscom argumentierte, es bestehe kein öffentliches Interesse an der Publikation von Kundendaten.

Bänder aus Swisscom-Rechenzentren

Die vier Bänder waren 2012 aus zwei Swisscom-Rechenzentren in Ostermundigen BE verschwunden. Sie waren eigentlich zur Vernichtung bestimmt und der Zeitung einige Monate vor der Enthüllung des Datenlecks zugespielt worden.

Im vergangenen Herbst gab die NZZ drei Bänder an Swisscom zurück. Das vierte Band sei «angeblich durch die Quelle zerstört worden», wie die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergeben hätten, erklärte Swisscom im Dezember. Bereits damals beschuldigte der Konzern die NZZ, die Daten kopiert zu haben. Die NZZ hat sich bislang nicht zu diesem Vorwurf geäussert.

Was war drauf?

Gemäss der Zeitung waren auf den Bändern 60 Millionen Datensätze von zwei Backups aus den Jahren 2008 bis 2010. Darunter befanden sich firmeninterne E-Mails aus den Jahren 2004 bis 2008. Auch Verträge, Bestellungen, Verrechnungsaufträge, Telefonnummern oder Mitteilungen zu Entlassungen bei Swisscom waren auf den Bändern.

Gemäss NZZ ist auch ersichtlich, für welche Unternehmen Swisscom Server überwacht und mit welchen Gemeinden und kantonalen Ämtern sie zusammenarbeitet. Gemäss Swisscom sind ferner IBAN-Kontonummern von Kunden, die per Lastschriftverfahren zahlen, unter den Daten.

Strafverfahren auf Eis

Die Suche nach dem Datendieb selbst verlief inzwischen im Sand. Die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland sistierte deshalb im Dezember ihr Verfahren. Am Freitag äusserte die Swisscom die Hoffnung, dass die NZZ dazu beitrage, die «konkreten Umstände zu klären, unter denen die Datenbänder abhanden gekommen sind».

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