Oberstes Gericht Pakistans ordnet Festnahme von Premier an

Die pakistanische Führung steckt in einer schweren politischen Krise. Die Justiz ordnete in einer Korruptionsaffäre Haftbefehl gegen Regierungschef Raja Pervez Ashraf an, während in der Hauptstadt Islamabad zehntausende Menschen gegen die Regierung protestierten.

Ministerpräsident Raja Pervez Ashraf (Archiv) (Bild: sda)

Die pakistanische Führung steckt in einer schweren politischen Krise. Die Justiz ordnete in einer Korruptionsaffäre Haftbefehl gegen Regierungschef Raja Pervez Ashraf an, während in der Hauptstadt Islamabad zehntausende Menschen gegen die Regierung protestierten.

Regierungschef Ashraf und 15 weitere Verdächtige sollten alle unabhängig von ihrem Rang verhaftet werden, sagte der Anwalt Aamir Abbas am Dienstag zur Anweisung des Obersten Gerichts. Den Beschuldigten werde Bestechlichkeit bei der Vergabe von Verträgen im Energiesektor vorgeworfen, sagte Abbas, der dem Pakistanischen Anti-Korruptionskomitee angehört.

Der heutige Regierungschef Ashraf sei zur fraglichen Zeit Minister für Wasser und Energie gewesen. Die Beschuldigten sollten sich am Donnerstag vor dem Gerichtshof einfinden. Das Oberste Gericht bestätigte die Angaben von Abbas in einer Erklärung.

Im aktuellen Fall geht es um Aufträge der Regierung an Privatfirmen zum Bau von Kraftwerken. Dabei soll zwischen 2008 und 2011 den Vorwürfen zufolge Geld an Regierungsvertreter geflossen sein. Viele Kraftwerke sollen nie gebaut worden sein.

Die Energiekrise mit stundenlangen Stromausfällen selbst in Metropolen dauert bis heute an. Das Verfassungsgericht stoppte das Projekt im März 2012 und verhängte hohe Geldstrafen gegen die Firmen.

Von Seiten der Regierung gab es keine Reaktion. Informationsminister Qamar Zaman Kaira sagte, die Regierung warte die offizielle Mitteilung ab.

Ultimatum für Parlamentsauflösung

Die Justizentscheidung erfolgte in einem Moment, da die Regierung ohnehin unter enormem Druck steht. Nahe des Parlaments harrten am Dienstag weiterhin rund 25’000 demonstrierende Regierungsgegner aus. Als die Neuigkeit der Justizentscheidung zu ihnen durchdrang, brachen sie in Jubel aus.

Der Prediger Tahirul Qadri hatte am Montag einen Protestmarsch zehntausender Anhänger nach Islamabad geführt. Er setzte der Regierung ein Ultimatum bis Dienstagmorgen, das Parlament aufzulösen. Da die pakistanische Führung dieses ignorierte, rief er seine Anhänger auf, weiter zu demonstrieren.

Bei der Demonstration kam es am Dienstag zu Ausschreitungen mit mehreren Verletzten. Die Polizei setzte Tränengas ein, auch Schüsse waren zu hören. Einige Demonstranten hatten zuvor Steine auf die Sicherheitskräfte geworfen, andere zerstörten Autoscheiben.

In Pakistan finden Mitte Mai Parlamentswahlen statt. Das Parlament müsste Mitte März aufgelöst werden. Dann übernimmt laut Verfassung eine Übergangsregierung für 60 Tage, um die Wahlen vorzubereiten. Qadri fordert jedoch die sofortige Einsetzung der Übergangsregierung, in Absprache mit Militär und Justiz, die Reformen durchsetzen soll.

Steckt das Militär dahinter?

Die derzeitigen Behörden hält der Prediger für „unfähig“ und „korrupt“. Qadris Unterstützer sehen eine Chance, Pakistan zu reformieren, das unter einer schwachen Wirtschaft, Energieproblemen und islamistischer Gewalt leidet. Seine Kritiker beklagen den Versuch, Chaos zu säen.

Die Kombination aus dem Haftbefehl und den Massenprotesten von Qadris Anhängern in Islamabad haben bei Politikern Befürchtungen ausgelöst, das Militär könne versuchen, zusammen mit der Justiz die zivile Führung des Landes zu verdrängen.

Ashraf war im Juni vom Parlament zum Regierungschef gewählt worden. Der Politiker der Pakistanischen Volkspartei (PPP) von Präsident Asif Ali Zardari folgte auf Yousuf Raza Gilani, der wegen Missachtung der Justiz für amtsunfähig erklärt worden war. Er hatte sich geweigert, die Schweizer Justiz zur Wiederaufnahme von Korruptionsermittlungen gegen Zardari zu bitten.

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