Oberstes Gericht setzt Regierungschefin und neun Minister ab

Mit der Amtsenthebung der Regierungschefin und des halben Kabinetts hat die seit Monaten anhaltende Regierungskrise in Thailand am Mittwoch einen neuen Höhepunkt erreicht. Das oberste Gericht warf Yingluck Shinawatra und ihren Ministern Verfassungsbruch vor.

Ein Demonstrant hält ein Foto von Protestanführer Suthep Thaugsuban (Bild: sda)

Mit der Amtsenthebung der Regierungschefin und des halben Kabinetts hat die seit Monaten anhaltende Regierungskrise in Thailand am Mittwoch einen neuen Höhepunkt erreicht. Das oberste Gericht warf Yingluck Shinawatra und ihren Ministern Verfassungsbruch vor.

In Thailand hat das oberste Gericht die Regierungschefin Yingluck Shinawatra und neun Minister des Amtes enthoben. Die Versetzung eines hohen Beamten zugunsten eines Verwandten von Yingluck vor drei Jahren sei illegal gewesen, befand das Gericht. Unter den von der Gerichtsentscheidung betroffenen Kabinettsmitgliedern sind auch der Aussenminister, der Finanzminister und der einflussreiche Arbeitsminister.

Die Minister, die an der Entscheidung nicht beteiligt waren, bestimmten kurze Zeit später Handelsminister Niwattumrong Boonsongpaisan zum Nachfolger Yinglucks. Die Entscheidung des Gremiums sei einstimmig gefallen, sagte der stellvertretende Regierungschef Phongthep Thepkanjana.

Für den 20. Juli sind Parlamentswahlen angesetzt. Die Übergangsregierung halte an diesem Termin fest, beschloss das Kabinett. Die Opposition fordert eine Verschiebung der Wahl.

Konflikt bleibt

Die politische Lähmung des Landes mit Massenprotesten und Tränengas auf den Strassen Bangkoks löst das Urteil nicht. Nach wie vor verlangen die seit Monaten demonstrierenden Regierungsgegner eine nicht gewählte Übergangsregierung, die mit politischen Reformen Amtsmissbrauch in Zukunft unterbindet.

Sie werfen der Regierung und Yinglucks Bruder Thaksin, der aus dem Exil die Regierungspolitik mitbestimmt, Korruption und Vergeudung von Staatsgeldern vor.

Das Regierungslager besteht aber darauf, dass eine neue Regierung aus Wahlen hervorgehen muss. Sie hätte nach Umfragen die Mehrheit sicher. Ihre Anhänger haben Massenproteste angekündigt, sollte eine nicht gewählte Übergangsregierung an die Macht kommen.

Kritik am Urteil

Der Jurist und Analyst Verapat Pariyawong kritisierte das Urteil scharf. «Das ist ein juristischer Coup mit langfristigen Auswirkungen auf die Machtbalance», schrieb er. Er hält die Begründung der Richter für fadenscheinig.

Verapat hat schon öfter die Unabhängigkeit der Justiz in Frage gestellt. Die Regierungspartei argwöhnte im Vorfeld, das Gericht stehe auf Seiten der Regierungsgegner.

In fast gleicher Besetzung hatte es schon 2008 zwei Regierungschefs aus dem Thaksin-Lager des Amtes enthoben. Das Militär hatte Thaksin 2006 gestürzt. Er ging 2008 ins Exil, kurz bevor ein Gericht ihn wegen Amtsmissbrauchs zu zwei Jahren Haft verurteilte.

Tief gespaltenes Land

Die Gesellschaft ist tief gespalten: Die überwiegende arme Landbevölkerung steht hinter dem Thaksin-Lager. Die Opposition wird mehrheitlich von den wohlhabenderen Schichten gestützt, die seit Thaksins Machtantritt 2001 an Einfluss verloren haben. Sie sind aber in der Minderheit und haben an der Wahlurne keine Chance.

Seit 2006 haben beide Lager Massenproteste organisiert und Teile Bangkoks teils wochenlang lahmgelegt. Mehr als 100 Menschen kamen bei Zusammenstössen ums Leben.

Die Regierungsanhänger heissen nach der Farbe ihrer T-Shirts Rothemden. Die Oppositionellen waren früher Gelbhemden, doch löste sich die Bewegung auf. Heute treten die Regierungsgegner in den Farben der Nationalflagge auf: rot-weiss-blau.

Der Versuch der Regierungspartei Pheu Thai, Thaksin per Amnestie straffrei nach Thailand zurückzubringen, war im November Auslöser für die jüngste Protestwelle. Die ausserparlamentarische Opposition PDRC unter Anführer Suthep Thaugsuban organisierte Massenproteste und besetzte wochenlang Regierungsgebäude.

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