Der Basler Heimatschutz gilt als grösster Verhinderer schlechthin. Zu Unrecht, findet Präsident Robert Schiess.
Mit Robert Schiess ist nicht zu spassen. Das wissen Verwaltung und Politiker schon lange. Seit 23 Jahren ist er Präsident des gefürchteten Basler Heimatschutzes, Widerstand gehört zu seinem Job. Er sei gegen «sämtlichen Sauglattismus», sagt Schiess.
Der Heimatschutz hat den Ruf, alles zu verhindern und zu blockieren…
Robert Schiess: Das ist nichts als Polemik von Leuten, die sich nicht die Mühe machen, sich näher mit der Geschichte dieser Stadt auseinanderzusetzen.
Sie wehren sich schon auffallend oft gegen Neubauten.
Es ist aber nicht so, dass wir alles verhindern würden, wie das immer wieder behauptet wird. 2012 gab es beim Bauinspektorat 737 Einsprachen gegen 108 Projekte. Von den 737 Einsprachen stammen nur sieben von uns. Das heisst, wir haben weniger als ein Prozent aller Einsprachen eingereicht. Also sind wir keine Verhinderer!
Hat der Basler Heimatschutz denn ein falsches Image – oder wie erklären Sie sich diese Wahrnehmung?
Es ist im Prinzip Denkfaulheit. Man will sich nicht mit unseren Argumenten auseinandersetzen, sondern zeigt mit dem Finger auf uns – das ist der einfachste Weg. Man denkt nicht darüber nach, wieso wir uns als über 100-jähriger Verein gegen etwas wehren. Wir haben unsere Berechtigung, wir zählen rund 600 Mitglieder – viele noble Basler sind bei uns. In diesem Verein finden Sie alle guten Namen aus dem Basler «Daig».
«Die Mehrheit der Gesellschaft traut sich nicht, aufzustehen und den Finger zu erheben, wenn ihr etwas nicht passt. Dort liegt der Hase im Pfeffer.»
Sehen Sie sich als Hüter des Stadtbilds?
Ja, natürlich.
Ist das nicht ein ermüdender Kampf?
Nein. Der Aufwand lohnt sich. Es ist nun mal leider so: Die Mehrheit der Gesellschaft traut sich nicht, aufzustehen und den Finger zu erheben, wenn ihr etwas nicht passt. Dort liegt der Hase im Pfeffer.
Weil man dann als Spielverderber wahrgenommen wird wie der Heimatschutz?
Genau. Und weil man halt anders argumentieren muss, als es die grosse Mehrheit tut. Und das machen nur die wenigsten Menschen gerne.
Kritiker werfen Ihnen vor, dass Sie gegen alles sind, was Spass macht.
Logisch sind wir konservativ. Und wir sind gegen sämtlichen Sauglattismus.
Aber eine Stadt muss sich doch auch weiterentwickeln können?
Das lassen wir auch zu. Eben: Nicht einmal ein Prozent aller Einsprachen stammen von uns.
Aber Ihr Verein ist schon ziemlich mächtig.
Das finde ich gar nicht. Wir verlieren auch mal. Aber immerhin haben wir dann versucht, eine bessere Lösung zu erreichen.
Warum wehren Sie sich so vehement gegen einen Grossbasler Rheinuferweg?
Seit 500 Jahren gibt es zwischen der Wettsteinbrücke und der Mittleren Brücke keinen Rheinuferweg. Dieses Bild wird weltweit mit Basel in Verbindung gebracht. Deshalb wollen wir die heutige Situation erhalten, denn sie ist einzigartig. Die Regierung brachte vor zwei Jahren zudem klar zum Ausdruck, dass sie die Aufnahme des Münsterhügels auf die Liste des Weltkulturerbes prüfen will. Mit dem Bau eines Stegs würde diese Aufnahme erschwert. Der Steg würde ausserdem im Sommer von jungen Leuten als Sprungbrett benutzt, das wäre gefährlich für die Schifffahrt. Dieser «Daniel-Goepfert-Jogging-Steg» (Daniel Goepfert ist Basler SP-Grossrat – Anmerk. d. Red.) ist einfach sinnlos!
Bis 1960 befand sich dort ein Rhybadhüsli, zudem ist diese Gegend heute schon zugänglich.
Vor dem Zweiten Weltkrieg hatten die wenigsten Basler Wohnungen ein eigenes Bad, man benutzte den Rhein, um sich zu waschen. Deshalb wurde dort ein Rhybadhysli gebaut. In den 1950er-Jahren veränderte sich die Situation, die meisten Wohnungen erhielten ein Bad – und somit brauchte man das Badhysli nicht mehr. Das Häuschen wurde schliesslich abgerissen, weil es diesen Ort verschandelte, genauso wie es der Steg tun würde.
Das Ja-Komitee wirft Ihnen vor, einen «kindischen» Abstimmungskampf zu betreiben. So hätten Sie die Website www.rheinuferweg-ja.ch reserviert, damit das Pro-Komitee diese nicht mehr benutzen könne. Besuchte man diese Seite, kamen Argumente gegen den Steg.
Das haben wir am Anfang gemacht, ja. Wir waren einfach die Ersten. Es ist nicht unser Problem, wenn sich das Pro-Komitee im Tiefschlaf befindet. Im Laufe der Zeit kamen wir aber zum Schluss, dass wir diese Website wieder freigeben.
«Weil Daniel Goepfert Politiker ist, will er offensichtlich einen Teil dieser Welt für sich reservieren.»
Ihre Prognose für den 18. Mai?
Am Anfang war ich überzeugt, dass die Mehrheit die Initiative annehmen wird. Aber je länger der Abstimmungskampf dauert und je mehr ich mit den Leuten rede, desto grösser wird meine Zuversicht. Ich höre immer wieder, dass dieser Steg überflüssig und man bereits bestens bedient sei mit dem Kleinbasler Rheinuferweg. Es braucht diesen Steg auf dieser Seite nicht.
Kämpfen Sie bei einer Annahme weiter?
Dann geht es weiter, ja. Der Staat würde viel Geld ausgeben für Abklärungen. Und wenn er diese richtig macht, muss er zum Schluss kommen, dass dieser Steg nicht gebaut werden kann. Denn er würde die Rheinschifffahrt behindern, müsste behindertengerecht ausgestattet werden und genug gross sein, damit die Stadtreinigung mit ihrem Wagen darauf fahren kann, um den Abfall zu entsorgen. Zudem würden Jugendliche dort chillen und grillieren. Es gibt keine Notwendigkeit diesen Steg zu bauen – ausser als «Goepfert-Jogging-Steg». Weil Daniel Goepfert Politiker ist, will er offensichtlich einen Teil dieser Welt für sich reservieren.
Ist Ihre Kritik nicht widersprüchlich? Im Falle des Neubaus des Klinikums 2 kämpfen Sie gemeinsam mit Daniel Goepfert gegen das Siegerprojekt.
Das ist ein anderes Thema. Wir wehren uns unter anderem gegen den Neubau, weil das viergeschossige Gebäude der Predigerkirche nebenan das ganze Sonnenlicht wegnehmen würde. Bei der Predigerkirche handelt es sich um ein bedeutendes Denkmal, beim Spitalneubau jedoch nicht. Also sollte man doch schauen, dass es eine andere Lösung für den Neubau gibt.