Die Bevorzugung von ethnischen Minderheiten bei der Studienplatzvergabe ist in den USA ein heikles Thema – jetzt hat der Oberste Gerichtshof den Gegnern dieser Praxis den Rücken gestärkt.
Der Supreme Court erklärte am Dienstag ein Gesetz im Bundesstaat Michigan für verfassungsgemäss, das Kriterien wie Herkunft und Hautfarbe bei der Vergabe von Plätzen an staatlichen Universitäten verbietet. Auch das Geschlecht darf demnach bei der Auswahl von Studenten keine Rolle spielen.
Das Urteil könnte Folgen für Hochschulen überall in den USA haben. Die Bürger in Michigan hatten 2006 in einem Referendum für ein Verbot der sogenannten positiven Diskriminierung an öffentlichen Schulen und Universitäten gestimmt.
Nachdem ein Bundesberufungsgericht das Gesetz zunächst gekippt hatte, sah der Supreme Court keinen Widerspruch zur Verfassung. Das neunköpfige Richtergremium traf die Entscheidung mit sechs zu zwei Stimmen. Eine Richterin hatte sich wegen Voreingenommenheit in diesem Fall zurückgezogen.
Gegen soziale Benachteiligung
«In diesem Fall geht es nicht darum, wie die Debatte über die Bevorzugung entschieden werden sollte. Es geht darum, wer darüber entscheiden möge», schrieb Richter Anthony Kennedy in der Mehrheitsmeinung.
Die US-Verfassung liefere keine Grundlage dafür, in dieser Frage das Gesetz eines Bundesstaates zu kippen, das den Entschluss der Wähler widerspiegle. Richterin Sonia Sotomayor kritisierte in der abweichenden Meinung, dass das Urteil der bisherigen Rechtsprechung zum Schutz von «historisch marginalisierten Gruppen» entgegenlaufe.
Vielfalt und gleicher Zugang zum Bildungssystem könne ohne eine positive Diskriminierung nicht erreicht werden. Viele Universitäten in den USA schauen bei der Auswahl ihrer Studierenden auch auf die ethnische Herkunft.
Die Praxis geht auf die Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre zurück, die auf diesem Weg die soziale Benachteiligung insbesondere von Afroamerikanern ausgleichen wollte.
Mehr konservative Richter
In einem Urteil von 2003 hatte der Supreme Court staatlichen Universitäten die Berücksichtigung der Hautfarbe neben Kriterien wie Schulnoten und Ergebnissen von Aufnahmetests noch grundsätzlich erlaubt. Seitdem hat das konservative Lager an dem Gericht aber an Einfluss gewonnen.
Im Juni vergangenen Jahres hatte sich der Oberste Gerichtshof mit der Klage einer weissen Studentin gegen den Auswahlprozess an der University of Texas befasst. Die Frau warf der Universität vor, dass sie wegen der Vorteile für Afroamerikaner und Bewerber mit lateinamerikanischen Wurzeln nicht zugelassen worden sei.
Der Supreme Court kassierte damals das Urteil eines Bundesberufungsgerichts, das der Universität Recht gegeben hatte. Einer weitreichenden Entscheidung wichen die Richter aber aus und verwiesen den Fall an die Vorinstanz zurück.
Wohl landesweite Konsequenzen
Bürgerrechtsgruppen zeigten sich über das Urteil vom Dienstag enttäuscht. «Bei diesem Fall ging es darum, ob farbige Studenten in Michigan auf dem gleichen Spielfeld wie alle anderen Studenten antreten dürfen. Heute hat der Supreme Court gesagt, dass sie das nicht dürfen», erklärte die afroamerikanische Organisation NAACP.
Die Auswirkungen des höchstrichterlichen Entscheides dürften über Michigan hinausgehen. Der Bundesstaat wurde bei dem Rechtsstreit von den Gouverneuren von Arizona, Alabama, Georgia, Oklahoma und West Virginia unterstützt.