Nach dem Knick wegen des Frankenschocks zeigt sich für die Schweizer Wirtschaft wieder Licht am Ende des Tunnels. Gemäss den Prognosen der OECD dürfte das hiesige Bruttoinlandprodukt (BIP) in diesem Jahr um 1,2 Prozent zulegen.
2015 hatte sich das Konjunkturwachstum der Schweiz auf 0,9 Prozent abgeschwächt, nachdem die Schweizerische Nationalbank (SNB) am 15. Januar 2015 den Euro-Mindestkurs von 1,20 Franken aufgehoben hatte. Für 2017 erwartet die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) eine Beschleunigung der Schweizer Wirtschaft auf 1,7 Prozent.
«Nach einem schwachen Jahr 2015 dürfte sich das Wirtschaftswachstum unter dem Einfluss der Binnennachfrage, die durch Negativzinsen und steigende Reallöhne angekurbelt wird, allmählich lebhafter entwickeln», heisst es im OECD-Länderbericht zur Schweiz, der am Mittwoch anlässlich der Ministertagung in Paris veröffentlicht wurde.
Frankenschock klingt ab
Die negativen Effekte der starken Währungsaufwertung vom Januar 2015 würden abklingen, und der seit letztem Sommer stabile Wechselkurs begünstige eine Erholung der Exporte. Die OECD rechnet mit einem Exportwachstum von 6,2 Prozent in diesem Jahr nach lediglich 3,1 Prozent im 2015.
Andere Nachfragekomponenten würden dagegen schwächeln, insbesondere die Unternehmensinvestitionen und der Gebrauchsgüterkonsum. Eine Kräftigung des Privatkonsums und der Unternehmensinvestitionen dürfte für erhebliche Produktionszuwächse sorgen.
Die Arbeitslosenquote werde voraussichtlich zurückgehen, allerdings nur etwas, da die Exportwirtschaft weiterhin durch das eingetrübte Weltwirtschaftsklima und den starken Franken beeinträchtigt werde.
Allerdings warnt die OECD: Sollte die Erholung der Weltwirtschaft und vor allem der europäischen Wirtschaft weiterhin schleppend verlaufen, würde dies das Schweizer Wachstum schmälern.
Bei der Weltwirtschaft senkte die OECD ihre Prognosen für dieses Jahr von 3,3 auf 3,0 Prozent. Auch im nächsten Jahr dürfte die Weltkonjunktur lediglich um 3,3 Prozent zulegen statt wie bisher angenommen um 3,6 Prozent.
Zuwanderungsquoten als Risiko
Im Falle von Finanzmarktturbulenzen in Europa oder einer weiteren geldpolitischen Lockerung seitens der Europäischen Zentralbank (EZB) würde der Schweizer Franken unter Aufwertungsdruck geraten, was den Exporten schaden würde. Ein schweres Risiko für die hiesige Wirtschaft wäre ein Scheitern der Verhandlungen mit der EU über die Zuwanderungsquoten, schrieb die OECD.
Die Geldpolitik der SNB sei angemessen in Anbetracht der nach wie vor negativen Teuerung und des mittelfristigen Ziels, eine Aufwertung des Frankens zu verhindern. Die Vorsichtsmassnahmen von SNB und Aufsichtsbehörden müssten jedoch unter Umständen verstärkt werden, da die Hypothekenverschuldung äussert hoch sei.
Zudem hebt die OECD den Warnfinger: «Die Schweiz hat zwar eine relativ hohe Arbeitsproduktivität, die Verlangsamung des Produktivitätswachstums während der letzten Jahre ist jedoch besorgniserregend.» Der Wettbewerb im Energie- und Telekomsektor sollte verstärkt werden, und die Direktzahlungen an die Bauern sollten verringert werden.
Frauen sollten mehr arbeiten
Die Wachstumsaussichten würden sich auch verbessern, wenn mehr Frauen, die derzeit häufig in Teilzeit arbeiteten, voll am Arbeitsmarkt und am Erwerbsleben teilnähmen.
Durch eine Verringerung der Kosten für Kinderbetreuung und eine Reform der Besteuerung von Zweitverdienern könnten Hindernisse für die Vollzeitbeschäftigung beseitigt werden. Dadurch könnte die Vereinbarkeit von Familie verbessert werden, schrieb die OECD.