Österreichs Fussballer haben in der Vergangenheit immer wieder Nackenschläge zu verarbeiten. Das unerwartet frühe EM-Out weckt unschöne Erinnerungen – und es wirft Fragen auf.
Die vielleicht peinlichste Niederlage der ÖFB-Geschichte gehört dazu, das 0:1 im ersten offiziellen Qualifikationsspiel der Färöer mit deren mützentragendem Goalie Jens Martin Knudsen im September 1990. Das 0:9 in Spanien in der EM-Qualifikation 2000, mit Anton Pfeffers legendärem Kommentar zum Pausenstand von 0:5 («hoch weamas nimma gwinnen»). Ein 0:1 in Moldawien in der Ausscheidung zur EM-Endrunde 2004. Das Out nach drei Spielen an der Heim-EM 2008 durch ein Freistoss-Gegentor mit 121 km/h von Michael Ballack. Oder Salzburgs Fiasko in der Champions-League-Qualifikation 2012 gegen die luxemburgischen Amateure von Düdelingen.
Zu den vielen Mythen, Legenden und bitteren Enttäuschungen in der Geschichte des österreichischen Fussballs sind noch einmal zwei neue Namen hinzugekommen: Jon Dadi Bödvarsson und Arnor Ingvi Traustason. Zwei Isländer, die bei Kaiserslautern in der 2. Bundesliga respektive Norrköping in Schweden spielen. Mit ihren Toren stürzten die beiden ziemlich unbekannten Akteure mit Island ein Team mit vielen Bundesliga-Stars ins Elend. «Wir haben’s verbockt», sagte Österreichs Mittelfeldspieler Stefan Ilsanker. «Da können wir nicht von Pech reden, damit müssen wir jetzt leben.» Und wie es sich anfühlt? «Beschissen!»
Prägnant fasste es die «Süddeutsche Zeitung» zusammen: «So traurig wie Österreich hat sich lange kein Geheimfavorit mehr aus einem Turnier geschlichen, nicht einmal, wie in diesem Fall, ein überwiegend selbsternannter.» Weniger differenziert sahen es die einheimischen Zeitungen. Sie, die selber teils übermässige Erwartungen geschürt hatten, schonten das ÖFB-Team nicht mit Kritik. Die «Kronen-Zeitung» schrieb von «EM-Versagern», die «Wiener Zeitung» machte Trainer Marcel Koller als Schuldigen aus. Weil der sich «mit Strategie-Umstellung auf Dreierkette verpokert» habe. Für die «Kronen-Zeitung» war Österreich mit Blick auf die nahezu makellose Bilanz in der Ausscheidung eben doch nur ein «Qualifikationseuropameister».
Das Out nach dem wohl wichtigsten Spiel seiner viereinhalbjährigen Amtszeit war für Koller kein Scheitern. «Nein», sagte der Zürcher, «persönlich denke ich nicht, dass das ein Scheitern ist. Für meine Spieler und auch für mich war das eine Erfahrung.» Genau die habe seinem Team gefehlt, «die Nervosität war wahrscheinlich zu hoch. Das ist menschlich.»
Für Verbandspräsident Leo Windtner stellt sich die Frage nach einem Trainerwechsel nicht einmal im Ansatz. «Natürlich haben wir unser Ziel nicht erreicht», sagte er. «Aber es gibt keine Zweifel, der Kurs mit Marcel Koller und seinem gesamten Betreuerstab steht fest. Die WM-Qualifikation wollen wir wieder schaffen.» In der Gruppe D trifft Österreich auf die EM-Achtelfinalisten Wales und Irland sowie auf Serbien, Moldawien und Georgien.