Griechische Rentner und Staatsbedienstete müssen sich einem Zeitungsbericht zufolge darauf einstellen, dass ihre Bezüge für Juni nicht voll ausgezahlt werden. Wegen stark gesunkener Steuereinnahmen dürften Athen bis zum Monatsende bis zu 3,6 Milliarden Euro fehlen.
Dies berichtete die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» (F.A.S.) unter Berufung auf interne Berechnungen der internationalen Geldgeber. Die Regierung könne dann auch eine fällige Rate von 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds nicht begleichen.
Auch eine Einigung Athens mit den Geldgebern auf Reformen in der kommenden Woche würde an den Kürzungen dem Bericht zufolge nichts ändern. Da die Reformen erst noch im griechischen Parlament beschlossen werden und fünf nationale Parlamente einer Auszahlung zustimmen müssten, werde Athen frühestens Mitte Juli wieder liquide sein, hiess es.
Dementi aus Athen
Athen dementierte den Bericht: «Die Renten sind gesichert und werden an dem Tag gezahlt, an dem sie ausgezahlt werden müssen», sagte der Chef der grössten griechischen Rentenkasse IKA, Giannis Theonas, im griechischen Fernsehen MEGA am Sonntagmorgen.
«Die deutschen Zeitungen betreiben ihre eigene Politik.». Vize-Finanzminister Dimitris Mardas sagte im Staatsfernsehen ERT1: «Ich weiss nicht, woher diese Fakten kommen. Wir werden die Renten und Löhne normal zahlen.»
Griechenland verhandelt seit Monaten mit seinen internationalen Geldgebern über die Bedingungen zur Auszahlung ausstehender Finanzhilfen von 7,2 Milliarden Euro. Ausserdem muss Athen bis zum 30. Juni 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zahlen. Streit gibt es vor allem über von den Gläubigern geforderte Einschnitte bei den Renten und eine Erhöhung der Mehrwertsteuer.
Gibt es in den kommenden Tagen keine Einigung mit den Gläubigern, drohen Griechenland die Pleite und womöglich ein Ausscheiden aus der Eurozone. Am Montag treffen sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in Brüssel zu einem ausserplanmässigen Gipfel, um über die Lage zu beraten.
Krisengespräche dauern an
Die Krisengespräche im Schuldendrama Griechenlands dauern am Wochenende an. Brüssel soll Athen mit einem neuen Zeitplan locken. Griechenlands Finanzminister Gianis Varoufakis schiebt die Verantwortung für den nächsten Schritt der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel zu.
Merkel stehe am Montag vor einer entscheidenden Wahl. Sie könne in eine «ehrenvolle Einigung» eintreten oder die einzige griechische Regierung über Bord werfen, die prinzipientreu sei und die das griechische Volk mitnehmen könne auf einen Pfad der Reform, hiess es in dem Beitrag in der F.A.S..
Nach Angaben aus Athen geht es im Streit um das Sparprogramm letztlich nur noch um Massnahmen für 450 Millionen Euro. Die Gläubiger machten zusätzlich Einsparungen in dieser Höhe zur Bedingung für die Auszahlung weiterer Hilfen, sagte Staatsminister Alekos Flambouraris im griechischen Fernsehsender MEGA.
EU-Gipfelchef Donald Tusk stand am Samstag EU-Kreisen zufolge in Kontakt mit Spitzenvertretern der Geldgeber Griechenlands. Ein Diplomat teilte auf Anfrage in Brüssel mit, es gebe Kontakte mit dem Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und IWF-Chefin Christine Lagarde. Auch mit Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem stehe Tusk in Verbindung.
Vorverlegung des Sondertreffens
Der «F.A.S.» zufolge übermittelte die EU-Kommission der griechischen Regierung am Donnerstag einen weiteren Fahrplan zur Einigung auf ein Reformprogramm. In Brüssel hiess es dazu, an jenem Tag sei kein Vorschlag gemacht worden – ein generelles Dementi blieb aber aus.
An Kernforderungen hielt die Brüsseler Behörde dem Bericht zufolge fest: So solle Athen jährlich Einsparungen oder Mehreinnahmen in Höhe von 2,5 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung erzielen, das sind 4,5 Milliarden Euro. Jeweils ein Prozent (1,8 Milliarden Euro) müssen durch Strukturreformen im Rentensystem und durch höhere Mehrwertsteuereinnahmen erbracht werden.
Eurogruppenchef Dijsselbloem kündigte derweil eine Vorverlegung des Sondertreffens der Euro-Finanzminister zur Schuldenkrise am Montag an. Die Ressortchefs kämen in Brüssel nun um 12.30 Uhr statt um 15.00 Uhr zusammen, teilte er am späten Samstagabend via Twitter mit.
Einen Grund für die Verlegung nannte er nicht. Der Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der Eurogruppe ist für Montagabend (19.00 Uhr) angesetzt.