Mit ihrem Festhalten an den aktuellen Fördermengen hat die Opec den Ölpreis am Freitag auf den tiefsten Stand seit viereinhalb Jahren gedrückt. Die richtungsweisende Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um zwei Prozent auf 71,12 Dollar je Barrel.
Der Preis des US-Öls WTI brach zeitweise sogar um 8,1 Prozent auf 67,75 Dollar ein, weil die US-Anleger am Donnerstag feiertagsbedingt gefehlt hatten. Das ist der grösste Tagesverlust seit dreieinhalb Jahren.
Am Widerstand Saudi-Arabiens war eine Einigung der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) auf eine Drosselung der Fördermengen gescheitert, wie sie ärmere Mitglieder wie Venezuela und der Iran gefordert hatten. Damit sollte der Verfall des Ölpreises aufgehalten werden. Dieser ist seit dem Sommer wegen eines Überangebots bei gleichzeitig schwächelnder Nachfrage um rund einen Drittel gesunken.
Saudi-Arabien habe seine Rolle, die Preise über die Menge des Angebots zu regulieren, aufgegeben, schrieben Analysten der französischen Bank Société Générale in einem Kommentar.
Russland als Leidtragender
Zu den Haupt-Leidtragenden des erneuten Ölpreis-Rutsches zählt Russland, das auf die Einnahmen aus den Rohstoff-Exporten angewiesen ist. Die Wirtschaft des Landes leidet zusätzlich unter den westlichen Sanktionen wegen der Rolle Russlands in der Ukraine-Krise.
Der Moskauer Aktienindex RTS fiel am Freitag um bis zu 3,7 Prozent auf ein Fünfeinhalb-Jahres-Tief von 969,26 Punkten. Die russische Währung ging ebenfalls in die Knie. Für einen US-Dollar mussten bis zu 49,6 Rubel gezahlt werden – so viel wie noch nie.
Der russische Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew erklärte, die Regierung werde ihre Prognose für den Ölpreis im kommenden Jahr wegen des dramatischen Preisverfalls reduzieren.
Für einen ausgeglichenen Haushalt ist Russland darauf angewiesen, dass ein Barrel mindestens 100 Dollar kostet. Für 2015 erwartet Moskau statt der erhofften 95 Dollar nun zumindest zeitweise nur noch 60 Dollar.
Energiewerte unter Druck
Die Anleger warfen aber auch die Aktien von Energiekonzernen aus anderen Ländern aus ihren Depots. Die Aktienkurse der britischen Ölkonzerne BP, Royal Dutch Shell und Tullow Oil rutschten zwischen 2,9 und 5,9 Prozent ab. Die Papiere der norwegischen Statoil stürzten gar um bis zu 10 Prozent ab.
Von der Aussicht auf fallende Treibstoff-Kosten profitierte dagegen die Luftfahrt-Branche. Die Aktien von Lufthansa, Air France und der British Airways-Mutter IAG legten zwischen 1,1 und 6,8 Prozent zu. Die Papiere der Billig-Fluggesellschaften Ryanair und EasyJet legten jeweils etwa 2,5 Prozent zu.