Pac-Man: Vom Gejagten zum Jäger

Im Hollywood-Schmarren «Pixels» überrollt Pac-Man als Bösewicht die Welt. Dabei haben wir es doch so lieb gehabt, das gelbe Fressmonster, damals in den 80er-Jahren.

Pac-Man zog in den 80er-Jahren den Kindern das Taschengeld aus den Trägerhosen.

(Bild: Yvonne Hemsey)

Im Hollywood-Schmarren «Pixels» überrollt Pac-Man als Bösewicht die Welt. Dabei haben wir es doch so lieb gehabt, das gelbe Fressmonster, damals in den 80er-Jahren.

Es gab eine Zeit, da zog es uns Kinder ins Hallenbad, weil das, was neben dem Becken stand, besonders prickelnd war: kleine Kästen in kindergerechter Grösse, mit denen man den Spieltrieb ausleben konnte. Und bei denen man, ganz im Unterschied zu Flipperkästen, auch mit kurzen Beinen zur Erleuchtung finden konnte. Denn in den schwarzen Kästen war ein Röhrenbildschirm versenkt, 8-Bit-Kreaturen leuchteten und fiepten.

«Space Invaders» war das eine Pixelspiel, «Pac-Man» das andere. Das Spiel, für welches sich auch die Mädchen und Jungs erwärmen konnten, an denen Raumschiffe und Ballereien vorbeischossen. Allerdings lagen Lust und Frust nah beieinander: Denn rasch waren alle Leben und alle Fränkli aufgebraucht, sodass man nur noch den anderen über die Schulter schauen konnte, wie sie versuchten, in einem Labyrinth Punkte zu sammeln, ohne dabei von vier bunten Geistern geschnappt zu werden. 

Einstiegsdroge für eine ganze Gamer-Generation

«Pac-Man», das war die Einstiegsdroge für viele, die wie ich später einen Commodore-Computer oder ein Nintendo-Spiel ihr Eigen nannten, mit Donkey Kong durch den Urwald rannten, «Tetris»-Bausteine versenkten, mit Mario Autorennen fuhren oder heute mit «Doodle Jump» gen Himmel steigen. Die kleine Ablenkung für zwischendurch, so wie der Pausensnack oder die TV-Serie.

Was «Pac-Man» auszeichnete, war nicht nur seine alberne Einfachheit, sondern auch seine Visualisierung: Pac-Man war niedlich. Ein gelbes Stück Pizza, eine gelbe Kugel, die sich durch klar eingegrenzte Räume bewegte, Punkte fressen und zugleich achtgeben musste, dass sie nicht selber gefressen wurde. Die Niedlichkeit war ganz im Sinn des Erfinders: Toru Iwatani arbeitete als Programmierer bei der japanischen Firma Namco, die das Spiel vor 35 Jahren veröffentlichte. Einer der Aufträge lautete, ein weibliches Publikum anzusprechen. Was ihm hervorragend gelang. Die vier Gegner, die süssen Geister, wurden mit ihren grossen Augen und fransigen Enden selber zu Ikonen, so wie Pac-Man selber auch – und mit ihm der Joystick, den bald jedes Kind bedienen konnte.

255 Levels galt es zu bezwingen, über drei Millionen Punkte konnte man maximal erreichen. Nun, unsereiner war froh, wenn er seine drei Leben bis Level 3 durchbrachte… Und kommt heute kaum über das erste hinaus. Aber testen Sie es selbst! (Nur auf Desktopcomputern möglich) 

Ins Spielfeld klicken und fressen bis zum bitteren Ende. Leider funktioniert das Spiel nicht auf mobilen Endgeräten.

Über 30 Spin-offs hat das ursprüngliche «Pac-Man»-Spiel nach sich gezogen, wie folgendes Video verdeutlicht:

Und nun, da Hollywood mit dem Film «Pixels» Pac-Man ins Kino bringt, der darin als Gefahr für die Menschheit ganze Strassen plattwalzt (hilfe, welcher Drehbuchautor hat sich denn diesen Chabis ausgedacht?), wird der Film natürlich auch von einer weiteren Game-Entwicklung flankiert: In der Pixels Defense Game Mobile App werden Hollywoodszenen nachgestellt. Unser erster Eindruck von dieser Vermarktung lässt ebenso wenig Gutes erahnen wie von der selbsternannten Actionkomödie.

Dabei ginge es doch auch mit gutem Humor: So hat der französische Agent Provocateur Rémi Gaillard den «Pac-Man»-Kult auf die Spitze getrieben, indem er in ein Ganzkörper-Kostüm schlüpfte und durch einen Supermarché rannte, verfolgt von Geistern – und wohl auch von ebendiesen verlassen, wenn man die Blicke der Passanten richtig interpretiert. 51 Millionen Klicks hat dieser spassige Unsinn generiert. Auch das ist Kult. Und am Ende vielleicht auch erfolgreicher als der teuer produzierte Kinofilm aus Hollywood.

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