Papst Franziskus hat vor der vollständigen Zerstörung des Ökosystems in diesem Jahrhundert gewarnt, sollte der Klimawandel nicht rasch gebremst werden. Die Industrieländer hätten eine besondere Verantwortung, da die Folgen vor allem die Armen treffen würden.
Dies heisst es in einem 192 Seiten langen Entwurf der mit Spannung erwarteten Papst-Enzyklika «Laudato si», den das italienische Magazin «L’Espresso» am Montagabend – drei Tage vor der offiziellen Präsentation – veröffentlichte. Enzykliken sind meist mahnende Rundschreiben des Papstes, die in unregelmässigen Abständen veröffentlicht werden.
«Falls der jetzige Trend anhält, wird dieses Jahrhundert einen beispiellosen Klimawandel sehen und eine nie dagewesene Zerstörung des Ökosystems, mit schweren Konsequenzen für uns alle», heisst es dem Magazin zufolge in der Enzyklika.
Der Papst hatte angekündigt, im Vorfeld des Weltklimagipfels Ende des Jahres in Paris mit der Enzyklika in die Debatte einzugreifen. Er will damit die 1,2 Milliarden Katholiken weltweit auf das Thema aufmerksam machen.
«Die Erde, unsere Heimat, scheint sich zunehmend in eine gewaltige Müllhalde zu verwandeln», heisst es im Text weiter. Es gebe «eine grosse wissenschaftliche Übereinstimmung darin, dass wir eine besorgniserregende Erwärmung des Klimasystems» sehen. Der Papst appelliert an die reichen Länder ihren «Wegwerf-Lebensstil» zu überdenken.
Vatikan reagiert erbost
Der Vatikan kritisierte am Dienstag die vorzeitige Veröffentlichung des Dokuments. Papst-Sprecher Federico Lombardi erklärte, es handle sich nicht um den endgültigen Text, sondern um einen vorläufigen Entwurf. Er forderte, die Veröffentlichungsfrist zu respektieren. Die erste Enzyklika, die Franziskus komplett selbst geschrieben hat, wird am Donnerstag offiziell veröffentlicht.
Der Vatikan entzog dem Journalisten, der die neue Papst-Enzyklika vorab veröffentlicht hatte, die Akkreditierung, wie Radio Vatikan berichtete. Die Online-Publikation des Textentwurfs und der Bruch der Sperrfrist seien regelwidrig und verursachten «grosse Unannehmlichkeiten für viele Journalistenkollegen» sowie eine erhebliche Störung des Betriebs im vatikanischen Presseamt, zitierte das Radio Lombardi.
Wie das Magazin vorab an den Entwurf des Rundschreibens gelangt war, blieb zunächst unklar. Es wurde spekuliert, Gegner des Papstes innerhalb des Vatikans könnten den Text absichtlich an die Medien gegeben haben, um dem Argentinier zu schaden und die Verkündung seiner Botschaft zu verhindern.