Die tödlichen Ausschreitungen nach Protesten gegen eine längere Amtszeit für Präsident Horacio Cartes in Paraguay haben personelle Konsequenzen. Der Innenminister und der Polizeichef wurden am Samstag abgesetzt.
Demonstranten hatten auf einen Senatsbeschluss reagiert, der den Weg ebnen sollte für eine Wiederwahl des konservativen Staatschefs Cartes. Sie stürmten den Kongress und legten Feuer, Flammen loderten aus dem Gebäude. Ein Oppositionspolitiker wurde in der Zentrale der Liberalen Partei (PLRA) in Asunción durch Polizeischüsse getötet. Ein Polizist gestand die Tötung des liberalen Oppositionspolitikers, der erst 25 Jahre alt war.
Um die Lage zu beruhigen, setzte Cartes den Innenminister Tadeo Rojas ab. Auch der Polizeichef musste sein Amt niederlegen. Die Feuerwehr konnte die Flammen im Kongress löschen, es kam aber zu schweren Schäden. Auf den Strassen von Asunción wurden mehrere Autos in Brand gesetzt, darunter auch Polizeifahrzeuge. Insgesamt 211 Menschen wurden festgenommen. Mehr als 30 Demonstranten, darunter auch ein Abgeordneter, erlitten Verletzungen.
Lehre aus Diktatur-Zeit
Die Amtszeit von Cartes endet 2018 – er würde aber gerne länger das 7-Millionen-Einwohner-Land regieren, das an Brasilien, Argentinien und Bolivien grenzt. Neben Bolivien ist es das einzige Land Südamerikas ohne Meerzugang. Immer wieder versuchen Präsidenten in Südamerika per Verfassungsänderung länger an der Macht zu bleiben.
Als Lehre aus der Zeit der Diktaturen waren die Verfassungen beim Übergang zur Demokratie meist so gestaltet worden, dass keine oder maximal eine Wiederwahl möglich ist. In Paraguay muss ein Präsident nach der Verfassung von 1992 bisher nach einer Amtszeit abtreten.
Verfassungsänderung trotz Gewalt
Der Staatschef rief in einer öffentlichen Erklärung zur Ruhe auf und bezichtigte «eine in der Politik und den Medien eingenistete Gruppe von Paraguayern», mit den Gewaltausbrüchen die demokratische Stabilität zerstören zu wollen. Die Regierungspartei ANR hatte am Freitag im Senat in einer umstrittenen, nichtöffentlichen Sitzung eigenmächtig eine Verfassungsänderung eingeleitet.
Die Parlamentarier der Regierungspartei zählten dabei auf die Unterstützung von linken Senatoren der Koalition um den 2012 abgesetzten Präsidenten Fernando Lugo. Denn mit der Aufhebung des Wiederwahlverbots durch eine Änderung der Verfassung könnte nämlich auch Lugo wieder kandidieren.
Der liberale Senatsvorsitzende Eduardo Acevedo hatte die Rechtmässigkeit der Sitzung von 25 der 45 Senatoren beanstandet, die ohne sein Einvernehmen stattfand. Das Abgeordnetenhaus war am Samstag zu einer Abstimmung über den Vorschlag einberufen worden, die Sitzung wurde aber wegen der Lage verschoben. Der ANR-Vorsitzende Pedro Alliana sagte trotz der Gewaltausbrüche, dass die Regierungspartei weiterhin die Verfassungsänderung für eine Wiederwahl anstrebe.