Nach den Anschlägen in Paris und Kopenhagen haben die Regierungen Dänemarks, Deutschlands und Frankreichs den Schutz von Juden in ihrem Land bekräftigt. Die dänische Ministerpräsidentin rief Jüdinnen und Juden eindringlich auf, ihre dänische Heimat nicht zu verlassen.
«Wir wären nicht mehr dieselben ohne jüdische Gemeinde», sagte Helle Thorning-Schmidt am Montag. Seit Jahrhunderten gebe es die jüdische Gemeinde im Land, sie «gehört nach Dänemark, sie ist Teil der dänischen Gemeinde».
Ein 22-Jähriger hatte am Wochenende bei Angriffen auf ein Kulturzentrum und eine Synagoge zwei Menschen erschossen und fünf Polizisten verletzt, bevor er von der Polizei erschossen wurde. Unter den Todesopfern ist ein 37-jähriger jüdischer Wächter der Synagoge. Als Reaktion hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Europas Juden am Sonntag erneut aufgerufen, nach Israel auszuwandern.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte am Montag in Berlin, die Bundesregierung, die Landesregierungen und alle Verantwortlichen in Deutschland würden alles dafür tun, dass die Sicherheit jüdischer Einrichtungen und der Bürgerinnern und Bürger jüdischer Herkunft gewährleistet werde. «Wir möchten gerne mit den Juden, die heute in Deutschland sind, weiter gut zusammenleben», sagte die Kanzlerin.
Umfassender Schutz verlangt
Nach den Anschlägen in Kopenhagen fürchten die Juden in Deutschland um ihre Sicherheit. Der Zentralrat der Juden rief die Behörden zu Wachsamkeit auf und verlangte, den Schutz jüdischer Einrichtungen zu überprüfen.
Der Präsident des Zentralrats der deutschen Juden, Josef Schuster, sagte zu seiner Forderung nach einem umfassenden Schutz jüdischer Einrichtungen: «Unter dieser Voraussetzung ist jüdisches Leben auch in Deutschland weiterhin möglich.»
Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) und die Plattform der Liberalen Juden der Schweiz (PLJS) schreiben von einem massiven Anstieg antisemitisch motivierter Gewalttaten und Drohungen in Europa. Sie gingen davon aus, dass die Behörden die notwendigen Massnahmen treffen würden, um die Sicherheit der Jüdinnen und Juden in der Schweiz zu garantieren.
Appell in Frankreich
Auch Frankreichs Ministerpräsident Manuel Valls appellierte an die Jüdinnen und Juden, in Frankreich zu bleiben. «Frankreich ist genauso verletzt wie Ihr es seid, und Frankreich wünscht nicht, dass Ihr das Land verlasst.» Frankreichs Präsident François Hollande sagte am gleichen Tag, die Juden hätten «ihren Platz in Europa und besonders in Frankreich».
Netanjahu hatte bereits nach den jüngsten Angriffen auf Juden und jüdische Einrichtungen in Frankreich zur Auswanderung nach Israel ermuntert. Nach den tödlichen Attacken in Kopenhagen erneuerte er diesen Appell.
Mehr Übergriffe – mehr Auswanderung?
In den vergangenen Jahren nahmen vor allem in Frankreich judenfeindliche Angriffe deutlich zu; im Jahr 2014 wurden doppelt so viele antisemitische Straftaten wie im Vorjahr registriert. In Frankreich lebt die grösste jüdische Gemeinde Europas, rund 600’000 Menschen.
Auch beim Gaza-Krieg im Sommer mischten sich Antisemiten unter die Demonstranten, die gegen das Vorgehen Israels im Gazastreifen protestierten.
Die Zahl jüdischer Einwanderer nach Israel erreichte 2014 ein Zehnjahreshoch. Insgesamt kamen im vergangenen Jahr rund 26’500 Juden nach Israel, wie die Einwanderungsorganisation Jewish Agency am Montag bestätigte. Im Jahr zuvor seien es rund 20’000 gewesen.
2014 betrug die Zahl der nach Israel emigrierten französischen Staatsbürger rund 7000 im Vergleich zu rund 3400 Personen im Jahr davor. Aus der Ukraine wanderten 5840 Menschen aus (2013: 2020), aus Russland waren es 4830 (4640) und aus den USA 3870 (3200).