Parlament im Kosovo beschliesst Kriegsverbrechertribunal

Das Parlament im Kosovo hat die Bildung eines Kriegsverbrechertribunals mit Sitz in Pristina beschlossen. Für die Einsetzung des Gerichts, das sich mit mutmasslichen Verbrechen der Kosovarischen Befreiungsarmee (UCK) im Kosovo-Krieg (1998-99) beschäftigen soll, stimmten 89 Abgeordnete, 22 votierten dagegen.

Kosovos Premier Hashim Thaci eröffnet die Parlamentsdebatte (Bild: sda)

Das Parlament im Kosovo hat die Bildung eines Kriegsverbrechertribunals mit Sitz in Pristina beschlossen. Für die Einsetzung des Gerichts, das sich mit mutmasslichen Verbrechen der Kosovarischen Befreiungsarmee (UCK) im Kosovo-Krieg (1998-99) beschäftigen soll, stimmten 89 Abgeordnete, 22 votierten dagegen.

Die UCK hatte Ende der 1990er Jahre versucht, das Kosovo mit Waffengewalt von Serbien abzuspalten. Als Reaktion hatten serbische Militär und Paramilitär rund 800’000 Albaner vertrieben. Tausende waren dabei ums Leben gekommen.

In der Parlamentsdebatte wurde die Tribunal-Bildung von vier führenden Parteien – der regierenden Demokratischen Partei (PDK), ihrem kleineren Partner Allianz für ein Neues Kosovo (AKR) sowie der oppositionellen Demokratischen Liga (LDK) und der Allianz für die Zukunft (AAK) – unterstützt.

Vorwurf der Einseitigkeit

Dagegen hat sich dezidiert die nationalistische Bewegung «Vetevendosje» (Selbstbestimmung) ausgesprochen. Das Kriegsverbrechertribunal sei ein Misserfolg der Regierung, meinte ihr Abgeordneter Glauk Konjufca.

Der ehemalige Verkehrsminister und frühere Mitarbeiter Thacis Fatmir Limaj bezeichnete das neue Gericht als «selektiv», da es sich nur mit den von kosovo-albanischen Rebellen verschuldeten Kriegsverbrechen befassen soll.

Die Tribunal-Bildung steht in Verbindung mit den Ermittlungen, die der von der EU eingesetzte US-Staatsanwalt John Clint Williamson zum mutmasslichen Organhandel geführt hat. Mit ihrem Abschluss wird im Juni gerechnet.

«Einzige Option»

Der kosovarische Regierungschef Hashim Thaci sagte vor der Abstimmung, das Gericht werde den durch «ungerechte Anschuldigungen beschmutzten Ruf» des Landes wieder herstellen.

Das vom Westen geforderte Kriegsverbrechertribunal sei zwar an sich «ungerecht», aber die «einzige Option» zur Aufarbeitung der Anschuldigungen, sagte Thaci. Er nahm damit Bezug auf den sogenannten Marty-Bericht aus dem Jahr 2010.

Der Sonderberichterstatter des Europarates, der damalige Tessiner Ständerat Dick Marty, hatte UCK-Kommandanten einschliesslich Thaci selbst vorgeworfen, während des Kosovo-Krieges am Handel mit den Organen hunderter serbischer Gefangener beteiligt gewesen zu sein. Thaci wies das zurück.

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