Das türkische Parlament hat mit einer Zweidrittelmehrheit für die Aufhebung der Abgeordneten-Immunität gestimmt. Damit macht es den Weg für Ermittlungen gegen dutzende Parlamentarier frei.
Der Entwurf der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP erhielt am Freitag 376 von 550 möglichen Stimmen. Der umstrittene Plan ermöglicht die Strafverfolgung von Parlamentariern und könnte den Weg für unmittelbare Ermittlungen gegen 138 Abgeordnete freimachen.
Darunter sind allein 50 der 59 Parlamentarier der Kurdenpartei HDP – diese betrachtet die Aufhebung der Immunität daher als deutlichen Affront gegen sich.
Da die nötige Zweidrittelmehrheit für den Text deutlich erreicht wurde, wird er nicht dem Volk zur Abstimmung vorgelegt. Schon eine erste Abstimmung am Freitagmittag war mit 373 Stimmen deutlich ausgegangen.
Anschliessend sprach Erdogan, ohne die endgültige Abstimmung abzuwarten, von einem «historischen» Votum. «Mein Volk möchte im Parlament keine Abgeordneten sehen, die Verbrechen begangen haben», sagte er in Rize im Nordosten des Landes.
Das gelte vor allem für Parlamentarier, die eine «separatistische Terrororganisation unterstützen», fuhr Erdogan fort. Damit bezog er sich auf die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).
Eine Schwächung der Kurdenpartei HDP würde das Kräfteverhältnis im türkischen Parlament von Grund auf ändern. Kritiker werfen Erdogan vor, er wolle die HDP politisch ausschalten, um die dann frei werdenden Mandate für seine AKP zu gewinnen.