Paul Heuberger, der Baselbieter Skatepark-Bauer von Weltformat

Als die Skaterwelle in den 1980er-Jahren die Schweiz erfasste, gehörte er zu den Pionieren: Paul Heuberger. Zum Profi wurde er nie – dafür ist er einer der gefragtesten Erbauern von Rampen und Skateparks. Weltweit.

Paul Heuberger auf einer Rampe, die er selbst entworfen hat.

Als die Skaterwelle in den 1980er-Jahren die Schweiz erfasste, gehörte er zu den Pionieren: Paul Heuberger. Zum Profi wurde er nie – dafür ist er einer der gefragtesten Erbauern von Rampen und Skateparks. Weltweit.

Fast schüchtern wirkt Paul Heuberger, wenn er von sich erzählt. Von den Anfängen, wie er als Zwölfjähriger auf einem Spaziergang mit den Eltern einen Skater sah und hin und weg war. Er wusste: Das ist es. «Kurz danach bekam ich mein erstes Skateboard geschenkt, ein Plastikding für 69 Franken, womit ich zu den ersten überhaupt in der Schweiz gehörte. Es veränderte mein Leben.»

Wir sitzen in seinem Büro in Frenkendorf, ein langer Tisch, Klappstühle, an den Wänden Visualisierungen von Skateanlagen, seine Frau lässt die Kamera mitlaufen. Vielleicht kann man die Aufnahmen mal brauchen. Die Chancen dafür stehen gut. Paul Heuberger, den man nur Paul nennen darf, in Arlesheim aufgewachsen und heute 49 Jahre alt, ist nämlich so ziemlich die Nummer 1, wenn es um den Bau von Rampen und Parks für Skater geht. Weltweit wahrscheinlich, sicher aber in Europa. 

Seine Halfpipes stehen in Brasilien, Australien und den USA, in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Er baute für Red Bull und den Grössten, den es je gab in der Szene: Tony Hawk himself. Der veranstaltete einst eine Action-Sports-Event-Tour durch die Vereinigten Staaten, die Boom Boom Huck Jam. Rockmusiker traten neben Freestyle-Motocrossern, BMXlern und natürlich Skatern auf. Die Rampe dafür, eine Einzelanfertigung, kreierte Paul.




Paul Heuberger machte seine Leidenschaft zum Beruf.

Da ist es wieder, das schüchterne Lächeln, als er aufspringt und mit einem Buch zurückkommt. Tony Hawks Autobiographie. Paul wird darin namentlich erwähnt. «Natürlich ist man da stolz», sagt er. Noch stolzer macht ihn allerdings, dass noch heute Skate-Profis rund um den Globus von dieser Rampe schwärmen, es sei die beste, die sie je befahren haben.

Perfektionist und Idealist

Paul gründete seine Firma Vertical Technik AG 1989 – als Untermieter in einer Schlosserei. Er war der erste, der Skaterampen in der Schweiz baute. Das Unternehmen wuchs, hatte zwischenzeitlich 25 Mitarbeiter. Paul skizzierte, entwarf, baute, transportierte, montierte. Und der Gewinn floss zurück in die Entwicklung.

«Das System weiterzuentwickeln war mir stets wichtiger, als die nächste Miete zahlen zu können.» Will heissen: Paul ist ein absoluter Perfektionist – und ein Idealist, der sich nicht verbiegt. Als Red Bull auf der Matte stand, machte er von Anfang an klar, dass er das Zeug nicht bewerben würde. Weil Paul keine Kompromisse macht, verbessert er seine Systeme stetig. Die Vertical-Rampen existieren heute in vierter Generation. Sie seien eigentlich perfekt, doch Kleinigkeiten, erklärt Paul, gäbe es immer zu verbessern.

Vertical setzte weltweit Standards, in Europa ist die Firma unangefochten. Nicht nur punkto Qualität und Lebensdauer; Vertical ist auch in Sachen Innovation führend. Eine Rampe muss gut transportierbar sein, zwei Männer müssen die einzelnen Elemente tragen können, die Lagerung muss einfach sein. All das gab es vor Paul Heuberger nicht.

Aus dem Profi wurde nichts

Heuberger war 13, als er seine erste Rampe baute, eine Quarterpipe in Muttenz – mit Holzbrettern aus der Migros, Dreimeterlatten, transportiert per Tram. Zuvor war der kleinen Schweizer Skaterszene, die Paul mitbegründet hat, kaum bewusst, dass das Skateboard mehr als ein simples Rollbrett war. Plötzlich trainierten sie Pirouetten und Handstände und Hochsprung; plötzlich waren da diese Tricks namens «Space Walk» oder «Walk the Dog». Paul trainierte wie besessen, 1980 stellte er als 14-Jähriger den Schweizer Rekord im Hochsprung bei den Junioren auf, später war er mehrmaliger Meister in den Disziplinen Halfpipe und Street.

Er wollte Profi werden, träumte von Kalifornien, wo die Szene ihren Ursprung hatte, wo man vom Skaten leben konnte und Sponsoring-Deals so manchen Skater zum reichen Mann machten. Doch Verletzungen warfen Paul immer wieder zurück. Während eines Fotoshootings für die «Schweizer Illustrierte» riss sein Kreuzband. «Da wusste ich: Das wird nichts mit dem Profi.»

Die Zukunft ist in Beton gespritzt

Rampen gehören noch immer zum Sortiment von Vertical – wie Pumptracks, Parkour-Anlagen, Kletterfelsen und Spielplätze. Pauls Team baut sie massgeschneidert, Showrampen zur Miete lagern in Frenkendorf, der nächste Event mit einer Vertical-Rampe findet dieser Tage in Paris statt. Die Kunden sind Gemeinden, Vereine, Event-Organisatoren. Doch die neue Ära des Skatens findet in Skateparks aus Beton statt.

Ein solcher Park vereint eine Skateanlage mit Pump Tracks für die Biker, einer Wand für die Kletterer, einem Spielplatz für die Kinder und Tische selbst für Senioren. Diese Bewegungsparks, wie Paul sie nennt, «sind ein neues Konzept, die Zukunft». Mit ihnen will er Treffpunkte schaffen, Gemeindezentren und dadurch – vielleicht sogar – eine bessere Gesellschaft. «Hier kommen alle zusammen, Alt und Jung. Flüchtlinge halten sich hier auf, Jugendliche betätigen sich körperlich, Kinder spielen und Senioren nehmen am Leben teil. Und das alles, ohne zu konsumieren.»




Der Bewegungspark in Le Châble bringt Jung und Alt zusammen.

Anfang September hat Paul einen Bewegungspark in Le Châble im Wallis eingeweiht, andere stehen in Ermatingen, Lenzburg oder Lugano. Betreiberin ist gewöhnlich die Gemeinde, und die sind gewöhnlich begeistert. Auch in Sissach gibt es Bemühungen, einen Skatepark zu errichten. Oder eben einen Bewegungspark. Ein Gelände hat Initiant Sandro Meier jedenfalls schon gefunden, ein Trägerverein ist gegründet. Jetzt braucht er nur noch Investoren. Und Paul Heubergers Kompetenz. (Mehr zu diesem Projekt erfahren Sie im Artikel hier.)

Skater im Herzen

Gelegentlich steht Paul heute noch auf dem Board und übt die alten Tricks. «Das Skaten war ein riesiger Teil meines Lebens, es prägte mich, machte mich glücklich.» Nun macht es ihn glücklich, die Jugendlichen zu sehen, wie sie durch seine Anlagen jagen, grabs, flips und grinds üben, ollies und slides. Das ist keine Koketterie: «Ich identifiziere mich noch immer mit dem Skateboarding. Wenn meine heutige Tätigkeit zur Folge hat, dass die Jungen Spass haben und das sogar einen sozialen Impact hat, dann macht mich das glücklich. Wirklich.»

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