Pendlerschiff steuert auf Basel zu

SP-Grossrat Tobit Schäfer und Floss-Kapitän Tino Krattiger haben für die Internationale Bauaustellung Basel 2020 (IBA) das Projekt „Mehr Schiffsverkehr“ eingereicht. Mit Erfolg. In zwei Jahren soll das Pendeln auf dem Rhein möglich sein.

Bald soll man auch in Basel auf dem Wasser pendeln können. (Bild: look-photo)

Schon bald wird man mit dem Boot zur Arbeit fahren können. 
Eine seit Jahren existierende Idee wird nun konkret. Die Roche ist begeistert.

Einmal mehr: ein anstrengender Tag im Büro. Ständig klingelte das Telefon, der Chef kam immer mit neuen Aufgaben – ab nach Hause! Und zwar schnellstens. Das Tram aber, mit dem Sie den Heimweg normalerweise antreten, ist überfüllt und kommt nicht vom Fleck. Wäre es nicht schön, auf dem direktesten Weg, auf dem Rhein, vom Büro im St. Johann nach Hause in die Breite zu fahren?

In Hamburg und Venedig gehört das Pendeln mit dem Boot zur Tagesordnung. Jetzt soll es auch in Basel Realität werden. Möglich machen wollen es SP-Grossrat Tobit Schäfer und Floss-Kapitän Tino Krattiger. Sie haben das Projekt «Mehr Schiffsverkehr» im Rahmen des öffentlichen Projektaufrufs der Internationalen Bauausstellung Basel 2020 (IBA) eingereicht – und sind damit offene Türen eingerannt, mehr gar: Der IBA-Geschäftsführer Martin Jann ist entzückt von der Idee, das ÖV-Angebot in der Region um eine Schiffs­linie zu ergänzen. «Der Vorschlag von Krattiger und Schäfer wird zu einem kleinen Leuchturm-Projekt der IBA, das sich aus der Entwicklungsvision ‹3Land› heraus ergibt», sagt Jann der TagesWoche. Der Vorschlag entspreche ganz dem Geist der IBA. Die IBA ist ein mehrjähriges Projekt und soll «die baulich-räumliche Entwicklung und das Zusammen­wachsen der trinationalen Region» vorantreiben.

Zehn Haltestellen geplant

Die Idee, den Rhein mit einem Schiffs-Rundkurs zwischen Birsköpfli–Rheinhafen–Huningue–Weil für den Pendlerverkehr zu öffnen, geistert schon seit Jahren herum. Allen voran bei der ­Basler Personenschifffahrtsgesellschaft (BPG). Konkret wurde das Projekt allerdings nie. Mit dem IBA-Label gewinnt das Vorhaben nun an Bedeutung und Fahrt. Bis Mitte 2012 wird unter Federführung des Bau- und Verkehrsdepartements Basel-Stadt eine Machbarkeitsstudie erarbeitet. Mit an Bord sind neben der BPG auch die Projekt­initianten. Die Studie soll zeigen, wo die Haltestellen konkret zu liegen kommen, welche Baumass­nahmen nötig sind, in welchem Takt die Schiffe die Pendler von A nach B bringen sollen und welcher Schiffstyp in Frage kommt. Gemäss einer ersten Untersuchung im Amt für Mobiliät wären rund zehn ­Haltestellen möglich – beispielsweise bei der Solitude, Mittleren Brücke, ­Johanniterbrücke oder Kaserne.

Anschliessend muss die Finanzierung des Projekts sichergestellt werden. Wie viel das neue Transportmittel kostet, ist noch unklar. Läuft alles nach Plan, wird man laut Jann bereits im 2013 mit dem Boot zur Arbeit fahren können. Aber: «Vorgesehen sind am Anfang nur wenige Haltestellen. Schritt für Schritt sollen die Anlegestellen dann ausgebaut werden», sagt der IBA-Geschäftsführer. «Die Zeit ist reif für eine solche Schiffslinie. Als Projekt der IBA hat das Ganze eine ­grössere Chance, realisiert zu werden», sagt BPG-Geschäftsführer Peter Stalder. Ob die BPG die neue tägliche Schifffahrtslinie für Pendlerinnen und Pendler betreibt, steht für ihn nicht im Vordergrund. «Denkbar ist ebenfalls, dass die BVB mit ihrem grossen Know-how das ­Ruder übernehmen. Viel wichtiger ist mir, dass wir die Herausforderung annehmen», sagt Stalder.

Klybeckinsel als Auslöser

«Mehr Schiffsverkehr», die Idee von Schäfer und Krattiger, wird kommenden Donnerstag mit weiteren Projekten im IBA Forum (nt/Areal) der Öffentlichkeit vorgestellt. «Mit dem Projekt möchten wir den seit Jahren existie­renden Wunsch nach einer solchen Schifffahrtslinie offizialisieren. Dass wir das Projekt eingereicht haben, ist aber nicht zuletzt auch auf das Entwicklungsgebiet Klybeckinsel zurückzuführen – hier fehlt heute eine vernünftige ÖV-Anbindung», sagt Schäfer. In den nächsten zehn Jahren will der Stadtkanton mit Weil und Huningue am Hafen ein Quartier für rund 10 000 Einwohner mit ebenso vielen Arbeitsplätzen aus dem Boden stampfen.

Bei anderen Bauvorhaben entlang des Rheins ist man schon weiter: Die Novartis baut trotz massivem Stellenabbau ihren Campus im St. Johann kontinuierlich aus, bei der Roche wird bis 2015 ein 178 Meter hohes Büro­gebäude mit 2000 Arbeitsplätzen in den Himmel ragen und auf dem Areal des alten Kinderspitals am Schaff­hauserrheinweg entstehen 80 Wohnungen. «Das Schiff kann grosse Entwicklungsgebiete relativ schnell und unkompliziert erschliessen. Zudem könnte es den motorisierten Individual-verkehr aus Deutschland und Frankreich eindämmen», sagt Schäfer.

Die Roche hat denn auch grosses Interesse daran, dass die Schiffslinie realisiert wird. «Das wäre eine zusätzliche gute Idee, um die Anbindung zum ­Roche-Areal zu verbessern. Das Schiff würde den Arbeitsweg für gewisse Mitarbeitende verkürzen, ganz im Sinne unseres neuen Mobilitätskonzeptes», sagt Roche-Sprecherin Silvia Dobry. Die Frage, ob sich der Pharmariese auch eine finanzielle Beteiligung vorstellen könnte, lässt Dobry offen.Bei aller Euphorie für die neue Schiffslinie sind sich Schäfer und BPG-Chef Stalder aber einig: Die bestehende Nutzung des Rheins dürfe dadurch nicht eingeschränkt werden. «Wichtig ist es, die Rheinschwimmer, Fähri-Männer, Fischer und Wasserfahrer von Anfang an in die Planungen mitein­zubeziehen», sagt Schäfer. Und Stalder: «Es gilt, für alle Nutzer des Rheins die beste Lösung zu finden.»

 

Quellen

www.iba-basel.net/de

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 28/10/11

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