Peinlich, peinlich: Wer an Potenzproblemen, Analekzem oder übermässigem Schwitzen leidet, befragt den Arzt oft lieber per Internet dazu. Nun hat die Onlineberatung des Universitätsspitals Zürich die häufigsten Patientenfragen – und Antworten der Schul- und Komplementärmedizin – in Buchform herausgegeben.
«Uns erreichen öfters Anfragen zu Themen, die man nicht so gerne äussert, wenn man einem Doktor gegenüber sitzt», heisst es im Vorwort des Buchs «Schulmedizin & Naturheilkunde. Häufig gefragt – von Ärzten beantwortet». Überproportional häufig seien dies Fragen zu tabuisierten oder intimen Themen.
Da fragt zum Beispiel eine 24-jährige Frau, ob sie bei Einnahme von Johanniskraut-Tabletten gegen ein Stimmungstief zusätzlich zur Pille mit Kondom verhüten müsse. Die Antwort: Es sei zwar bekannt, dass Pille und Johanniskrautextrakte über den gleichen Weg in der Leber abgebaut werden – das Risiko einer Wirkungsverminderung der Pille sei jedoch als gering einzustufen.
Aber auch über Nagelpilz und Depressionen, Reizdarm und Verstopfung erkundigen sich die Patienten lieber online. Wenig überraschend nehmen typisch weibliche Sorgen etwa zu Wechseljahr- und Menstruationsbeschwerden sowie typisch männliche wie Prostatavergrösserung immerhin ein Viertel der gut 100 Seiten ein.
Zahlreiche Patienten fragen explizit nach Hausmitteln und komplementärmedizinischen Therapien. Eine Besonderheit des Ratgebers sei denn auch das Nebeneinander von Schul- und Komplementärmedizin, heisst es im Buch. Ob Fischkapseln, Mittelmeerdiät und Rotwein das Herzinfarktrisiko senken, wird ebenso beantwortet wie die Frage, ob Akupunktur den Erfolg einer künstlichen Befruchtung erhöht.
Differenzierte Antworten
Die Antworten – die von insgesamt 80 Zürcher Spezialärzten verfasst werden – fallen differenziert aus. Studien belegten ein reduziertes Sterberisiko bei Mittelmeerdiät und Rotwein, heisst es, hingegen sei eine spezielle Einnahme von Omega-3-Fettsäuren über Fischkapseln nicht notwendig – eine ausgewogene Ernährung genüge.
Die Ärzte stellen klar, wo eine Wirkung durch Studien belegt wurde und wo nicht. Sie wollen «auf universitärem Niveau» über eine «reflektierte Komplementärmedizin, die auf einer schulmedizinischen Basis steht» informieren. Wenn deren Ansätze aufgegriffen würden, sei eine ganzheitliche Betrachtung der Erkrankung und Symptome sinnvoll, um Schul- und Alternativmedizin adäquat zu kombinieren, schreiben die Autoren.
Auch ernste Erkrankungen
Dies ist umso wichtiger, als sich auch Patienten mit ernsthaften Erkrankungen an die Onlineärzte wenden. Zwar mögen kalte Hände und Füsse oder eine chronisch verstopfte Nase harmlos sein, es suchen aber auch Patienten mit Krebs, Hepatitis C oder koronaren Herzerkrankungen Rat zu Heilmitteln – häufig natürlicher Art, – von denen sie sich Linderung erhoffen.
Die Onlineberatung des Unispitals Zürich existiert seit 1999. Die Ärzte beantworten rund 1000 Anfragen pro Jahr, 50’000 waren es inzwischen insgesamt. Die fünf Internetärzte werden dabei von Spezialärzten des Uni- und des Kinderspitals Zürich, der Uniklinik Balgrist und dem Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Uni Zürich unterstützt.
Mönchspfeffer macht Lust
Übrigens: Bei Potenzproblemen des Mannes kann ein Pulver der Macapflanze anregend sein. Sexuelle Lustlosigkeit löst in geringen Dosen Mönchspfeffer – der ironischerweise in hohen Dosen Mönchen zur Unterdrückung der Libido diente – oder Zwergsägepalmfrüchte-Extrakt. Ärztliche Überwachung sei aber angezeigt, betonen die Ärzte.
Auch solle man den Besuch einer sexualmedizinischen Sprechstunde erwägen, da Libidoprobleme häufig soziale und emotionale Gründe hätten.
Bei Analekzem hingegen helfen Sitzbäder mit der Heilpflanze Hamamelis («Zaubernuss») und bei übermässigem Schwitzen Botox-Injektionen, Salzbäder mit Gleichstrombehandlung oder eine operative Durchtrennung von vegetativen Nervenfasern, die das Schwitzen auslösen.