Jaap Achterberg erzählt im Sogar Theater in Zürich «Pferde stehlen» von Per Petterson. Für diesen Roman erhielt der norwegische Schriftsteller 2007 den mit 100’000 Euro dotierten IMPAC-Literaturpreis.
Ein Mann, 67, ist in die norwegische Einöde gezogen, in ein Blockhaus am See. Trond heisst der Mann. Minutiös organisiert er seinen Alltag, fährt hie und da ins Dorf, bleibt immer nur kurz, kauft ein, Werkzeuge, Materialien, um sein Haus instand zu stellen. Auch die Natur, Wetterumschwünge, Lichtwechsel, der Geruch des Waldes, seine Hündin Lyra prägen den Rhythmus seiner Tage.
Nachbar weckt Erinnerungen
Und dann ist da der Nachbar Lars, der Tronds Erinnerungen an Ereignisse vor 50 Jahren in Gang setzt und wach hält. Damals, 1948, war Trond 15 und stahl mit seinem Freund Jon Pferde. Er liebte und bewunderte seinen Vater, mit dem er den Sommer verbrachte und der sich im Krieg am Widerstand gegen die deutsche Besatzung beteiligt hatte.
Er erinnert sich auch an Jons Mutter, in die er jugendlich verliebt war – auch sie Widerstandskämpferin und Vaters Geliebte. Und zur Erinnerung gehört Lars. Er ist Jons Bruder und hat damals, ein tragischer Unfall, seinen Zwillingsbruder erschossen.
Das schicksalhafte Zusammentreffen mit Lars trägt dazu bei, die teilweise glückselige, teilweise schwermütige, durchwegs nüchtern erzählte Geschichte vorwärtszutreiben.
Eigenständiges Destillat
«Pferde stehlen» umfasst rund 250 Seiten. Jaap Achterberg hat den Roman stark gekürzt. Sein 75-minütiger Abend ersetzt die Lektüre also nicht, will er auch gar nicht. Das Destillat tritt zur Vorlage in keinerlei Konkurrenz. Durch Achterbergs Erzähl- und Schauspielkunst erhält es einen ganz eigenen Wert.
Mit seiner Lakonie ist «Pferde stehlen» auf ihn zugeschnitten. Der mit dem Anerkennungspreis des Kantons Graubünden und der Stadt Chur Ausgezeichnete ist – wie Per Petterson – kein Mann überschwänglicher Gefühle. Doch Pettersons Roman lässt ihn nicht kalt.
Achterberg erzählt szenisch, ohne je dem Pathos zu verfallen. Mit dem Wechsel seiner Stimme, mit träfen Blicken und mit sparsamer, aber wirkungsvoller Gestik (Regie: Klaus Henner Russius) holt er die Personen des Romans auf die Bühne. So macht er die spannungsvolle Atmosphäre der Geschichte greifbar. Ein packender Abend.