Der britische Pharmakonzern AstraZeneca hat auch der erhöhten Übernahmeofferte des US-Rivalen Pfizer eine Absage erteilt. Das auf knapp 117 Mrd. Dollar aufgestockte Gebot bewertete das Unternehmen am Montag als zu niedrig.
Ob sich Pfizer weiter um AstraZeneca bemühen wird, ist damit unklar. Der Viagra-Hersteller bot zuletzt pro Aktie 55 Pfund und damit zehn Prozent mehr als zuvor. Zudem erhöhte Pfizer den Bargeld-Anteil der Offerte, um das Angebot schmackhafter zu machen.
Pfizer nannte das Angebot am Sonntagabend das allerletzte Wort und schloss eine feindliche Übernahme aus. AstraZeneca hatte den Rivalen Pfizer bereits zwei Mal abblitzen lassen. Zuletzt hatten die Amerikaner Anfang Mai 63 Mrd. und davor im Januar 59 Mrd. Pfund angeboten.
Pfizer unter Druck
Pfizer steht wegen des ablaufenden Patentschutzes für den Blutfettsenker Lipitor und das Potenzmittel Viagra vor schweren Zeiten. Mit AstraZeneca würde Pfizer eine Serie von Grossakquisitionen fortsetzen. Ein Zusammenschluss würde Novartis vom Thron als weltgrössten Pharmaunternehmens stossen.
Pfizer ist vor allem an den vielversprechenden Krebsmitteln von AstraZeneca interessiert und erhofft sich zudem erhebliche Kostensenkungen und Steuervorteile. Sollte der Deal zustande kommen, wäre es die grösste Fusion in der Geschichte der Branche sowie die grösste Übernahme eines britischen Unternehmens durch einen ausländischen Bieter.
Die Übernahmepläne haben in Grossbritannien, Schweden und den USA bei Politikern und Öffentlichkeit die Furcht vor dem Verlust zahlreicher Arbeitsplätze geschürt. Pfizer ist bekannt dafür, nach Übernahmen im grossen Stil Stellen zu streichen. Pfizer hat jedoch vor allem in Grossbritannien weitreichende Zusagen gemacht, an der umfangreichen Forschung von AstraZeneca festzuhalten.
Pfizer käme derzeit eine grosse Übernahme im Ausland gelegen, weil der Konzern mehrere zehn Mrd. Dollar in der Kasse hat, die von ausländischen Töchtern verdient wurden. Wenn Pfizer dieses Geld in die USA zurückführt, werden hohe Steuern fällig.
Branche im Umbruch
Derzeit rollt eine Fusionswelle durch die Pharmabranche, weil sich die Konzerne wegen Patentabläufen der Konkurrenz durch Nachahmerprodukte stellen müssen und sie sich auch wegen der Kürzungen im staatlichen Gesundheitswesen umorientieren.
Novartis hat Spartenkäufe und -verkäufe im Wert von rund 27 Mrd. Dollar angekündigt. Bayer erhielt Anfang Mai den Zuschlag für das Geschäft mit rezeptfreien Mitteln und Gesundheitspräparaten des US-Konzerns Merck & Co für 10,4 Mrd. Dollar. Der letzte Mega-Deal in Deutschland geht auf das Jahr 2006 zurück. Damals schluckte Bayer für 17 Mrd. Euro Schering.