Auf dem Margelacker in Muttenz erreicht beim 99. Basellandschaftlichen Kantonalschwingfest keiner der eidgenössischen Kranzschwinger den Schlussgang. Vor rund 2000 Zuschauer bezwingt schliesslich Alexander Vonlaufen aus Nidwalden trotz starken Schmerzen den Aargauer Tiago Viera.
Zwischen böhmischer Marschmusik, Jodelgesang und Sägemehlringen auf dem Margelacker in Muttenz wird vor der Fahnenübergabe die Tradition und Bodenständigkeit eines Schwingfests von OK-Präsidenten Peter Vogt heraufbeschworen. Während er die friedliche Atmosphäre des 99. Basellandschaftlichen Kantonalschwingfests lobpreist, gehen dem Nidwaldner Alexander Vonlaufen im Sanitätswagen ganz andere Regungen durch den Kopf.
Als er mit den Schmerzen früherer Unfälle kämpft, weiss Vonlaufen nicht, dass er bereits für den Schlussgang qualifiziert ist. Vor 2000 Zuschauern gelingt es ihm dennoch, Tiago Viera zu bezwingen und damit den 550 Kilo schweren Siegermuni Arbogast für sich zu beanspruchen. Diesen tauscht er gegen das Preisgeld ein.
Mit Schmerzmitteln zum Sieg
Unter den eingefleischten Zuschauern des Schwingfests macht das Wort «Favoritensterben» die Runde. Weder Christoph Bieri, Mario Thürig, Willy Graber noch ein anderer eidgenössischer Kranzschwinger erreicht den Schlussgang. Dass ein Innerschweizer das Baselbieter Turnier gewinnen sollte, überrascht ebenfalls. «Am Baselländer bin ich vielleicht ein mal in meiner Karriere. Es ist ein seltener Kranz für einen Innerschweizer, weshalb ich ihn wollte,» sinniert Vonlaufen über seinen Triumph. «Damit, dass es zum Sieg reicht, habe ich aber selber nicht gerechnet.»
Wegen verschiedener Unfälle wurde der gelernte Polymechaniker Vonlaufen in den letzten drei Jahren acht mal operiert. Dass er unter starken Schmerzen seinen dritten Kranzfestsieg und damit den 19. Kranz erreicht, ist für ihn alles andere als selbstverständlich: «Es zeigt einmal mehr, was möglich ist, wenn man an sich glaubt und an sich arbeitet,» erzählt der Nidwaldner Sieger, «Ich durfte zum Glück massieren und habe relativ viele Schmerzmittel genommen. So ist es einigermassen gegangen»
Viele Vereinsmitglieder, wenig Nachwuchs
Während seiner Festrede, regte OK-Präsident Peter Vogt an, Schwingen möge in den Schulen zum Pflichtfach werden. So könnten Kinder und Jugendliche ihre Aggressionen besser bewältigen und einen anständigen Umgang lernen. Ein weiteres Problem würde ein solches Obligatorium ebenfalls lösen: den chronischen Nachwuchsmangel des Schwingsports.
«Die Nachwuchsarbeit ist schwieriger als früher. Wir sind eine städtische Region, was ein grosses Angebot an verschiedenen Sportarten bedeutet,» erläutert Vereinspräsident des Schwingklubs Muttenz Lukas Ilg die Herausforderungen der Nordwestschweiz. «In der Innerschweiz oder im Bernbiet ist das Sportangebot nicht so gross.»
Am Tag vor dem Kantonalschwingfest fand der Basellandschaftliche Kantonaljungschwingertag statt. Immerhin 200 Jungschwinger nahmen am Turnier teil, zehn davon aus dem Schwingklub Muttenz. Eine relativ kleine Zahl in Vergleich zu den 200 Vereinsmitglieder des Muttenzer Klubs, welcher am Wochenende sein 75. Jubiläum feiert. Sechs Klubmitglieder gehören dabei zu den Aktivschwingern; bei den anderen handelt es sich zum grössten Teil um frühere Schwinger, die ihre Mitgliedschaft beibehielten. Diese helfen bei der Nachwuchsarbeit tatkräftig mit:
«Wenn es einen Anlass im Dorf gibt, stellen wir einen Sägemehl- oder Strohring auf und demonstrieren das Ganze. Dort haben wir gemerkt, dass wir so immer wieder junge Buben gewinnen können», erläutert Ilg seine Nachwuchsstrategie. «Doch zum Tag der offenen Schwingkeller kommt niemand.»