Pflanzen verführen Bienen mit der «Droge» Koffein im Nektar, ohne unbedingt die beste Qualität anzubieten. Das Koffein regt den den Sammeleifer der Bestäuberinnen an und bindet sie an die Futterquelle. Diesen Trick haben Berner und britische Forschende aufgedeckt.
Dem Team der Universitäten Bern und Sussex zufolge finden Honigbienen koffeinierte Getränke unwiderstehlich. Bienen bevorzugen demnach eine koffeinierte Nektarquelle gegenüber einer gleichwertigen ohne Koffein, wie die Forschenden in der Fachzeitschrift «Current Biology» berichten.
Die Wissenschaftler schliessen daraus, dass Pflanzen ihren Nektar mit Koffein versetzen, um sozusagen minderwertige Ware loszuwerden. «Die Pflanzen setzen die Bienen gewissermassen unter Drogen und gaukeln ihnen eine höhere Qualität des Nektars vor», sagte Roger Schürch, der an beiden Universitäten tätig ist, in einer Mitteilung der Hochschulen.
Die Forschenden gingen von älteren Studien aus, gemäss denen sich Honigbienen Düfte besser merken können, wenn sie unter dem Einfluss von Koffein standen. Diese früheren Resultate legten eine Beteiligung des Belohnungszentrums nahe. «Ich habe mich gefragt, wie Koffein das natürliche Verhalten der Bienen in der Natur beeinflussen würde», sagt Jane Couvillon von der Universität Sussex.
Denn viele Pflanzen enthalten Koffein in niedrigen Dosen. Also untersuchten die Forschenden die Reaktion der Bienen auf eine Zuckerlösung, die mit Dosen von Koffein versetzt war, wie sie auch im Nektar von Pflanzen zu finden sind.
Sie fanden heraus, dass das Koffein die Honigbienen zu mehr Sammeltätigkeit anregte. Bienen mit einem «Koffeinkick» leiteten zudem ihre Artgenossinnen vermehrt zur Futterquelle, indem sie im Stock häufiger den sogenannten Schwänzeltanz aufführten. Das Koffein vervierfachte die Rekrutierung durch den Tanz im Vergleich zu Kontrollfutterstellen ohne die Substanz.
Koffein bindet an Futterstelle
Nicht unähnlich Drogensüchtigen blieben die Bienen auch dann den Futterstellen mit Koffein treu, nachdem diese kein Zuckerwasser mehr im Angebot hatten. Sie suchten auch weniger nach alternativen Futterquellen. «Wir waren überrascht, welch durchgängigen Effekt das Koffein auf die Nahrungssuche und die Rekrutierung anderer Bienen hatte», sagte Schürch.
Insgesamt binde Koffein den Bienenstock stärker an eine Futterquelle als eine vom Zuckergehalt her gleichwertige Quelle ohne Koffein. Modellrechnungen der Forscher legen nahe, dass Bienenstöcke Einbussen in der Honigproduktion hinnehmen müssten, falls die Pflanzen dank der höheren Attraktivität des Nektars den Zuckergehalt senken können.
Dies zeigt laut den Autoren, dass die Interessen der Pflanzen und ihrer Bestäuber nicht immer deckungsgleich sind. Ob die Pflanzen den Zuckergehalt im Nektar tatsächlich reduzieren, wenn sie Koffein oder andere sekundäre Pflanzenstoffe im Nektar anbieten, haben die Forschenden jedoch nicht untersucht.
«Mich nimmt Wunder, wie andere Inhaltstoffe Bienen beeinflussen», sagte Couvillon. «Es wäre möglich, dass Chemie ein gängiger Weg ist, wie eine Pflanze die Oberhand über die Bestäuber gewinnen und sie für ihre Zwecke benutzen kann.»