Nach dem Einzug in den Viertelfinal der Champions League gilt Leicester City plötzlich als Geheimtipp für Europas Fussball-Krone. Trainer Craig Shakespeare hat den englischen Meister wiederbelebt.
Die Anhänger der Foxes hatten es schon im Gefühl. In Anspielung auf William Shakespeares Drama «Julius Cäsar» hatten sie ein riesiges Banner mit der Aufschrift «Dogs Of War» («Hunde des Krieges») im Stadion angebracht. Und Namensvetter Craig Shakespeare liess die «Hunde» von Leicester City tatsächlich von der Leine.
Noch vor drei Wochen steckte der englische Meister tief in der Krise. Nach dem starken 2:0 gegen den FC Sevilla träumt der Klub sogar vom Champions-League-Titel. «Wir wissen, dass da ein paar hervorragende Teams warten», sagte Trainer Craig Shakespeare am Dienstag nach dem umjubelten Einzug in den Viertelfinal und dem dritten Sieg in seinem dritten Spiel als Chefcoach. «Aber wir stehen da verdient, daran gibt es keinen Zweifel.» Sky Sports stellte fest: «Das Wunder geht weiter.»
Wes Morgan und Marc Albrighton sorgten für die Treffer, Torhüter Kasper Schmeichel liess Sevilla mit einer Glanzleistung und einem gehaltenen Strafstoss verzweifeln und machte damit die Shakespearesche Tragödie für die Spanier perfekt.
Leicester profitierte natürlich vom Auswärtstor, das Jamie Vardy im Hinspiel erzielt hatte. Der frühere Co-Trainer Shakespeare verwies deshalb auch auf seinen Vorgänger Claudio Ranieri: «Der Auftritt im Hinspiel, als Claudio noch im Amt war, war das Sprungbrett für unser Ergebnis heute Abend.» Kurioserweise war Ranieri nach der 1:2-Pleite in Sevilla entlassen worden. «Es ist eine unglaubliche Geschichte, die auf so vielen Ebenen keinen Sinn ergibt», merkte die Tageszeitung «Guardian» treffend an.
Unpopulärer Schritt zahlt sich aus
Doch Leicester hat unter Shakespeare wieder zu seiner Meisterform gefunden. In der Liga beträgt der Abstand auf Platz 18 zwar aktuell nur drei Punkte. Aber wenn die Mannschaft so weiterspielt wie zuletzt – mit 3:1-Siegen gegen Liverpool und Hull City – wird sie mit dem Abstieg nichts zu tun haben. Und die nach der Trennung von Ranieri scharf kritisierten Klubbesitzer dürfen sich am Saisonende womöglich für den unpopulären Schritt auf die Schulter klopfen.
Leicesters Auferstehung blieb auch anderen Teams in der Königsklasse nicht verborgen. Juventus Turin scheiterte zuletzt im Achtelfinal an Bayern München und davor im Final am FC Barcelona. Trotzdem würde Juve-Torwart Gianluigi Buffon am liebsten Leicester aus dem Weg gehen. «Weil sie ein gefährliches und leidenschaftliches Team sind, das Gegnern, die das Spiel machen, Probleme bereiten kann», erklärte Buffon nach Juves 1:0 gegen Porto. «Da können wir nur verlieren.»
BBC Sport spekulierte über die Wahrscheinlichkeit eines Champions-League-Gewinns für Leicester. «Eigentlich sprechen die Chancen eher dafür, dass dieses grossartige Abenteuer in der nächsten Runde endet», schrieben die britischen Fussball-Experten. «Aber seit wann spielen die Chancen oder Logik bei diesem Verein eine Rolle?»